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„Afrikas Miss Marple“ bescherte Botsuana das erste Opernhaus

Die ist die einzige Detektivin Botsuanas, Gründerin des „No. 1 Ladies’ Opera House“

© Die Berliner Literaturkritik, 22.08.08

 

Von Cathrin Hennicke

GABORONE (BLK) – „Wie heißt die Frau?“, fragt Kindergarten-Chefin Lwazi verlegen nach. Nebenan, im Zebraweg der Hauptstadt Gaborone, soll Botsuanas berühmteste Frau zu Hause sein? Das ist Lwazi neu. Reiseleiterin Gaone Ratsoma lacht: „Touristen aus der ganzen Welt machen wegen Mma Ramotswe neuerdings Station in Gaborone. Nur: Hier kennt sie kaum jemand.“ Das ist auch kein Wunder, denn Mma Ramotswe ist eine Romanfigur, die vor allem Lesern außerhalb Botsuanas bekannt ist. Doch obwohl die Heldin des schottischen Schriftstellers Alexander McCall Smith nur fiktiv ist, beginnt sie, das reale Botsuana nachhaltig zu verändern.

Reiseleiterin Ratsoma weiß mittlerweile alles über Precious Mma Ramotswe, die Frau, die vermissten Gatten auf der Spur ist, verdächtigen Schwägerinnen oder verlogenen Miss-Wahl-Kandidatinnen. Sie ist die einzige Detektivin Botsuanas, Gründerin der „No. 1 Ladies’ Detective Agency“. Eine liebenswerte Frau, „traditionell gebaut“, die mit weiblicher Intuition, afrikanischer Gelassenheit und viel Humor ihre Fälle löst. Und die ihren Klienten unangenehme Wahrheiten auch mal verschweigt, damit sie nicht unglücklich werden.

In mehr als 40 Sprachen und einer Auflage von 25 Millionen sind die Romane dieser afrikanischen Miss Marple inzwischen erschienen. In Deutschland ist dieses Jahr der siebte Band ihrer Geschichten mit dem Titel „Blaue Schuhe für eine Kobra“ herausgekommen. In Botsuana selbst dagegen – anderthalb mal so groß wie Deutschland bei gerade 1,7 Millionen Einwohnern – hat die schwach ausgeprägte Lesekultur einen großen Bekanntheitsgrad von Mma Ramotswe bisher verhindert.

Dabei steht ihre lebenskluge Spurensuche inzwischen sogar auf dem Lehrplan in Botsuanas Schulen. Am liebsten sinniert „Mma“ Ramotswe, wie die höfliche Anrede in der Landessprache lautet, bei einer Tasse Rotbuschtee übers Leben, ihr geliebtes Botsuana, den Wert von Traditionen und harte Zeiten für die Moral. „Früher sind Touristen meist nur ins Okavango-Delta gefahren“, sagt Tim Race vom Reiseveranstalter „Africa Insight“. „Aber seit wir Touren zu Originalschauplätzen des Buches anbieten, verbringen Mma-Ramotswe-Fans drei bis vier Tage hier in der Hauptstadt.“

Vor allem Amerikaner und Kanadier wollen die im Buch beschriebene Waisenfarm sehen, das „Café President“, das sonntags gern von „Mma Ramotswe“ frequentiert wird, oder eben ihr „Wohnhaus“ im Zebraweg. „Die Krimis scheinen das Botsuana-Bild von ganz Nordamerika geprägt zu haben“, flachst Race.

Kein Wunder also, dass Hollywood die „No. 1 Ladies’ Detective Agency“ inzwischen verfilmt hat. Selbst zum ersten Opernhaus hat Mma Ramotswe – oder besser ihr generöser Schöpfer McCall Smith – Botsuana verholfen. Das „No. 1 Ladies’ Opera House“ residiert seit ein paar Wochen samt Restaurant in einer ehemaligen Autowerkstatt, die natürlich nicht nur zufällig so aussieht wie sich der Leser „Tlokweng Road Speedy Motors“ vorstellt, die Werkstatt von Mma Ramtoswes Ehemann. Im gepflegten Hinterhof werden unter ausladenden Akazienbäumen nicht nur „Mma Ramotswes Rotbuschtee“ oder „Mma Makutsis Lieblings-Eierkuchen mit Zucker und Zitronen“ serviert.

Auch für regelmäßige Konzerte und Gesangswettbewerbe soll jungen Talenten eine Bühne geboten werden. Sie haben sonst kaum Chancen zum Auftritt, bedauert Roman-Autor McCall Smith, der selbst lange in Botsuana gelebt hat. „Das Buch nützt uns enorm“, freut sich der Abgeordnete Isaac Mabiletsa. „Botsuana ist demokratisch, friedlich. Deshalb berichten alle nur über unsern Nachbarn Simbabwe. Aber durch das Buch machen wir Millionen Menschen auf uns aufmerksam.“

Literaturangaben:
MCCALL SMITH, ALEXANDER: Blaue Schuhe für eine Kobra. Übersetzt aus dem Englischen von Verena Kilchling. Heyne, München 2008. 287 S., 18,95 €.

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