BASEL (BLK) — Am 29. September 2009 liest Judith Hermann im Literaturhaus Basel aus ihrem neuesten Buch „Alice“. Unter der Moderation von Bernadette Conrad wird Hermann von Zeiten des Übergangs, des Wartens, des Festhaltens und Loslassens erzählen. Der Austragungsort dieser Lesung hätte nicht besser gewählt werden können. So gilt Basel als eine Stadt des Buches, die hinsichtlich literarischer Produktion bzw. literarischer Betätigung seit jeher eine bedeutende Stellung einnimmt. In dieser Stadt ist der älteste Verlag der Welt (Schwabe Verlag) zu Hause sowie seit 1435 die Papiermühle. Aufgrund dessen verwundert es nicht, dass das erste Literaturhaus der Schweiz im Jahr 2000 ausgerechnet in Basel eröffnet wurde. In dieser noch jungen kulturellen Institution wird Judith Hermann ihre Lesung halten.
Hermann wurde im Jahr 1970 in Berlin-Tempelhof geboren. Mit der Absicht, als Journalistin zu arbeiten, begann sie ein Studium der Germanistik und Philosophie. Dieses brach sie später ab und entschied sich anschließend für ein Praktikum sowie eine Ausbildung in einer Journalistenschule in New York. 1997 nahm sie an der Autorenwerkstatt „Prosa“ im Literarischen Colloquium Berlin teil und erhielt zugleich das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste in Berlin. Die ersten literarischen Texte schrieb Judith Hermann in Amerika. Währenddessen entdeckte sie bald die Kurzgeschichte als ihr liebstes Genre. 1998 veröffentlichte sie dann ihren ersten Prosaband „Sommerhaus, später“. Mehrere Jahre verstrichen nach ihrem ersten Erfolg. Nach eigener Aussage musste sie erst lernen, mit dem durch die Verlage, Medien und Öffentlichkeit auf sie ausgeübten Druck umzugehen. Im Jahr 2003 folgte dann das Werk „Nichts als Gespenster“, ihr zweiter Erzählungsband. Hermann ist Mutter eines Sohnes und lebt in Berlin.
Das neueste Buch von Judith Hermann, das den Namen „Alice“ trägt, beinhaltet fünf Kurzgeschichten, in denen es jeweils um Alice und einen männlichen Todesfall geht. Das grundlegende Thema aller Geschichten besteht in den sich kreuzenden, die Richtung ändernden und unwiederbringlich auseinanderführenden Lebenswegen unterschiedlichster Menschen. Diese Lebenswege werden von Hermann kunst- und kraftvoll in einem melancholischen Ton beschrieben bzw. nachgezeichnet. Ohne Pathos erzählt sie durch den Blick ihrer Hauptperson Alice von Abschieden, von den Orten, den Stimmungen und der Unberührtheit der Umgebung, für die „das Leben weiter geht“.
Für ihre Veröffentlichungen hat Judith Hermann zahlreiche Auszeichnungen erhalten. So wurden ihr der Bremer Literaturförderpreis (1999), der Hugo-Ball-Förderpreis (1999), der Kleist-Peis (2001) und der Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg (2009) verliehen. Darüber hinaus wurden einzelne Geschichten aus „Nichts als Gespenster“ (2003) für das Kino verfilmt. Ihre Erzählungen, die bei einigen Kritikern den „Sound einer Generation“ verkörpern, werden mittlerweile unter anderem ins Dänische, Japanische, Russische, Tschechische und Türkische übersetzt.
Von Christian Müller