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Alle sieben Wellen

E-Mail-Fortsetzung von Daniel Glattauer

© Die Berliner Literaturkritik, 12.02.09

 

Von Sonja Puhl

Das Zeitalter der digitalen Kommunikation schlägt sich nicht nur im neuen Werk von Daniel Kehlmann nieder, sondern längst auch bei einem anderen Bestseller-Autor: Der Wiener Kolumnist Daniel Glattauer, Jahrgang 1960, traf vor zwei Jahren mit seinem E- Mail-Roman „Gut gegen Nordwind“ voll den Nerv der Zeit.

Der moderne Briefroman des Internetzeitalters über die ungeduldig auf E-Mails wartende Mittdreißigerin Emmi mit ihrem atemberaubenden Umkehrschlüssen und ihrem virtuellen Liebhaber Leo zog etliche Leser(innen) in seinen Bann – und der Schluss ließ so manchen ratlos zurück. Doch wie erklärt die verheiratete Emmi ihrem Leo so schön: „Jedes Ende ist letzten Endes auch ein Anfang.“ Deshalb kommt jetzt mit „Alle sieben Wellen“ die Fortsetzung dieser so eigentümlichen wie wunderschönen Liebesbeziehung.

Leo, der eine siebente Welle nach der anderen verschläft, und für den Emmi ein Tagebuch ist, das nicht stillhält. Schaffen die beiden es endlich auszusprechen, was sie wollen? Zwei Jahre lang gingen die E-Mails zwischen Leo und Emmi hin und her – mal im Sekundentakt, dann wieder mit quälendem, tagelangem Warten. Ein einziger Buchstabe ließ die beiden sich nie begegnenden Menschen in Kontakt zueinander treten und wieder ein einziger Buchstabe brachte das abrupte Ende.

Nach einer Schweigepause von knapp einem Jahr geht es nun weiter. Und natürlich fragt sich jeder: Werden Leo und Emmi sich nun endlich treffen? „Es gibt keine sinnvolle Fortsetzung für uns. Aber es gibt einen würdigen Abschluss.“ Aber es geht auch um ganz andere Fragen: Woraus setzt sich Glück zusammen? „Es gibt keine Gebrauchsanweisung mit Lageplan für die Sichtung und Bergung von Glück.“ Was ist eher lebbar: eine Vernunftspartnerschaft oder das Warten auf die „Alles“- Illusion? „Alles kann einem ein einziger Mensch nicht geben.“

Ein raffiniert konzipiertes Kopfabenteuer über Sehnsüchte und (enttäuschte) Erwartungen, mit Vernunft verschlossene Gefühlsschränke, die sich nur einen Spalt weit öffnen, wenn die Weinschränke geöffnet sind – Autor Glattauer lässt seinen Sprachpsychologen Leo Leike und die rhetorisch gewandte Emmi mit Formulierungen spielen in einem System, „wo sich die Worte ihren Reim auf sich selbst machen dürfen.“ Die gegenseitigen Analysen sind stets Ferndiagnosen und bergen Tücken: „Fühlen ist niemals Betrug. Erst wenn man Gefühle auslebt und jemand anderen darunter leiden lässt, hat man etwas Falsches gemacht.“ (Leo) – „Gefühle lebt man aus, indem man sie fühlt.“ (Emmi)

Emmi urteilt über Leo in ihrer vorschnellen Art: „Dieser Mann weiß genau, dass er nicht weiß, was er will.“ Doch Daniel Glattauer weiß genau, was die Leser von „Gut gegen Nordwind“ wollen: Dass es weitergeht mit Leo und Emmi!

Literaturangaben:
GLATTAUER, DANIEL: Alle sieben Wellen. Deuticke-Verlag, Wien 2009. 222 S., 17,90 €.

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