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Als Skeptiker geboren

Der spanische Schriftsteller Francisco Ayala wird 103 Jahre alt

© Die Berliner Literaturkritik, 10.03.09

 

MADRID (BLK) – „Geburtstage sind für mich kein Grund mehr zum Feiern.“ Francisco Ayala mag auch keine offiziellen Empfänge und möchte nicht im Brennpunkt des Interesses stehen. Der spanische Schriftsteller, der am kommenden Montag (16. März) 103 Jahre alt wird, führt ein eher zurückgezogenes Leben. Bei einer Buchvorstellung überraschte der für seinen Humor bekannte Autor die Gäste mit der Begrüßung: „Ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind. Was soll ich sonst sagen? Ich habe genug von Francisco Ayala.“

 

Der aus Granada in Südspanien stammende Schriftsteller ist einer der bedeutendsten spanischen Literaten und Denker der Gegenwart. Um Modetrends oder den Geschmack des breiten Publikums hat Ayala sich wenig geschert. Dennoch erhielt er so ziemlich alle Auszeichnungen, die in der spanischsprachigen Welt vergeben werden – vom Nationalen Literaturpreis (1983), über den Cervantes-Preis (1991) bis hin zum Prinz-von-Asturien-Preis (1998).

 

„Ich wurde quasi als Skeptiker geboren“, sagte er der Zeitung „El Mundo“. „Ich habe nie an etwas allzu fest geglaubt, sondern alles in Zweifel gezogen. Dieser Zweifel ließ sich am besten durch das Schreiben zum Ausdruck bringen.“ Ayala schrieb nicht nur Romane und Erzählungen, sondern auch Literaturkritiken und soziologische Essays. Zudem übersetzte er Werke von Rainer Maria Rilke und Thomas Mann ins Spanische. Auf Deutsch erschien von ihm unter anderem eine Auswahl von Erzählungen unter dem Titel „Der Kopf des Lammes“ und der Roman „Wie Hunde sterben“.

 

Ayala versteht sich als ein Moralist und Liberaler, der den „moralischen Verfall der Gesellschaft“ beklagt. In einem Land wie Spanien, in dem sich eine tiefe Kluft zwischen der Rechten und der Linken auftut und eine liberale Mitte praktisch fehlt, blieb der Autor ein Einzelkämpfer, der sich politisch nie von einer Partei vereinnahmen ließ. Er gilt als das „lebende Gewissen Spaniens“. Als junger Mann hatte Ayala zunächst mit der Malerei begonnen, seine Werke aber vernichtet, weil sie seinen Ansprüchen nicht genügten.

 

Mit 19 Jahren veröffentlichte er seinen ersten Roman. Als Student lernte er 1929 bis 1931 in Berlin die Weimarer Republik kennen. Vom Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs (1936-1939) wurde er während einer Vortragsreise in Lateinamerika überrascht. Er kehrte in die von den Republikanern kontrollierte Zone zurück. Nach dem Sieg des späteren Diktators Francisco Franco ging er ins Exil – zunächst nach Argentinien und später nach Puerto Rico und in die USA. 1960 kehrte er nach Spanien zurück, lehrte aber auch weiter an Universitäten in Chicago und New York.

 

Trotz seines hohen Alters erfreut der Autor mit den funkelnden Augen und der schmächtigen Figur sich guter Gesundheit. Eine Brille trägt er nur zum Lesen. Allerdings erinnerte er bereits zu seinem 100. Geburtstag daran, dass er in seinem Alter eigentlich „keine Zukunft“ mehr habe: „Ich mache keine Pläne mehr. Ich fühle mich, als wäre ich mein eigener Vorfahr.“ (dpa/mon)


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