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Alternativen zu Kommunismus und Kapitalismus

„Neue Werte für die Wirtschaft“ von Christian Felber

© Die Berliner Literaturkritik, 11.03.08

 

WIEN (BLK) – Im Deuticke Verlag erscheint Christian Felbers Sachbuch „Neue Werte für die Wirtschaft. Eine Alternative zu Kommunismus und Kapitalismus “.

Klappentext: Der Kapitalismus hält keines seiner zentralen Versprechen. Individuelle Freiheit und persönliches Glück, wie sie Hayek und Friedman in Aussicht stellten, rücken für den Großteil der Menschen in unerreichbare Ferne. Die kapitalistischen Kernwerte – Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Gewinn – stehen im Widerspruch zu den fundamentalen Werten der Demokratie: Freiheit, Menschenwürde und Gerechtigkeit. Welche Werte aber wollen wir? Christian Felber plädiert in seinem neuen Buch für einen ganzheitlichen „dritten“ Weg. In der Wirtschaft sollen dieselben humanen Werte gelten wie in zwischenmenschlichen Beziehungen. Nicht Egoismus, Konkurrenz und Materialismus sollten belohnt werden, sondern Kooperation, Selbstbestimmung und ökologische Verantwortung.

Christian Felber, geboren 1972, studierte Romanische Sprachen, Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie in Wien und Madrid. Er ist Mitbegründer von Attac Österreich, freier Publizist, Tänzer und (…) Referent. (mar/wip)

 

Leseprobe:

© Deuticke Verlag ©

Vorwort

Es wird keine neue Wirtschaftsordnung geben ohne ein neues Wertesystem.

GIL DUCOMMUN

 

Der Kapitalismus wurde viel kritisiert, und er hat bisher jede Kritik überlebt. Seine Verteidiger haben stets zugegeben, dass er Ungleichheit schafft, die ökologischen Lebensgrundlagen angreift und nicht allen gleiche Chancen bietet. Doch welche Wirtschaftsform schafft höheren Wohlstand, welche ist effizienter, welche fördert Innovationen stärker und vor allem: Welche Wirtschaftsform bietet dem Individuum größere Freiheit? Auf diese Frage hat es bisher keine überzeugende Antwort gegeben, deshalb sitzt der Kapitalismus trotz aller Kritik fester im Sattel denn je.

Und dennoch: Das Unbehagen im Kapitalismus wächst. Weltweit. Nicht nur, weil die Ungleichheiten wachsen, die ökologische Zerstörung und die Unsicherheiten, sondern auch, weil immer mehr Menschen spüren und erahnen, dass die zentralen Versprechen des Kapitalismus – Freiheit und Glück – gar nicht eingelöst werden. Es handelt sich um tiefsitzende Mythen, die wir im Laufe der Jahrhunderte brav erlernt haben. Heute herrschen diese Mythen, die eine Gesellschaft angeblich frei und glücklich machen, in Gestalt des Wettbewerbs-, Wettbewerbsfähigkeits-, Leistungs- und Wachstumsmythos unumschränkt. Der Kapitalismus befindet sich in einer ethischen Hochkonjunktur. Seine Werte sind die Werte der Gesellschaft.

Und hier liegt der Widerspruch. Denn die kapitalistischen Werte – Leistung, Konkurrenz, Effizienz, Gewinn und Wachstum – passen nicht mit unseren demokratischen und humanistischen Grundwerten zusammen: Freiheit (Selbstbestimmung), Gleichheit (Gerechtigkeit), Brüderlichkeit (Solidarität), Verantwortung, Vertrauen, Verbundenheit und Mitgefühl. Die Werte der Wirtschaft widersprechen den Werten des Lebens und der Gemeinschaft. Der Vorrang für das Finanzkapital zerstört das ökologische und Sozialkapital – und die Menschenwürde.

Der entscheidende Punkt: Die staatlichen Institutionen und Gesetze prägen den Charakter der Gesellschaft (Erich Fromm). Jedes Gesetz und jede Institution fördert bestimmte Werte und schwächt andere. Daher ist es entscheidend, welcher wirtschaftspolitischen Instrumente wir uns bedienen. Derzeit werden Egoismus, Konkurrenz und Gier gesetzlich gefördert. Mitgefühl, Solidarität und Verantwortung kommen zu kurz. So schwächen wir uns als Gesellschaft selbst. Intelligente Gesellschaften schaffen sich Institutionen und Gesetze, die sie stärken, nicht unterminieren.

Wir begründen diese Entscheidung mit dem Verweis auf eine angebliche „Natur des Menschen“. Konkurrenz und Egoismus seien in unseren Genen zu Hause. Dagegen könnten wir nichts tun, wir sollten uns daher diese „Menschennatur“ zunutze machen – auf dem „freien“ Markt. Doch diese Sicht von uns ist eine Täuschung, sie ist der ideologische Kern des Kapitalismus. Das sozialdarwinistische Menschenbild ist ebenso überholt wie die Annahme, dass Menschen „von Natur aus“ nach Macht und Reichtum strebten. Zwar sind Menschen zweifellos zu Macht- und Gewinnstreben fähig, das haben wir hinlänglich bewiesen; aber genauso fähig sind wir zum Helfen, zum Kooperieren und zum Teilen.

Die Verfolgung kapitalistischer Ziele macht uns nachweislich nicht glücklich. Machtstreben macht krank, höheres Einkommen bringt schon nach der Deckung einfacher Bedürfnisse nicht mehr Zufriedenheit. Wenn Geld zum Lebensinhalt wird und wir unsere Talente nur noch zur Verbesserung des Kontostandes verwenden anstatt zur Verbesserung unserer Beziehungen, werden wir nachweislich unglücklich. Wenn wir materialistische Werte übernehmen – dazu erzieht uns der Kapitalismus –, fühlen wir uns unfrei, weil wir unsere Lebensziele nicht selbst bestimmen und die meiste Zeit und Energie darauf verwenden, nicht-authentische Werte und Ziele zu verfolgen.

In diesem Buch möchte ich die Kernversprechen und die zentralen Werte des Kapitalismus in Ruhe betrachten, um herauszufinden, worauf ihre Anziehungskraft beruht. Sind es reine Mythen, ist nur manches an ihnen falsch, anderes gut? Dieser „Dekonstruktion“ gelten die ersten acht Kapitel: Hält das Freiheitsversprechen des Kapitalismus? Bringt der Wettbewerb wirklich Effizienz und Innovation? Ist unser Verständnis von Erfolg und Leistung gesund? Sollen wir wirklich alle versuchen, global wettbewerbsfähig zu werden? Ist das die Kernbedeutung von „Eigenverantwortung“? Dabei trennt sich die Spreu vom Weizen, die humanistische Essenz dieser Werte soll herausgeschält und der kapitalistische Ballast abgeworfen werden.

Sodann erweitere ich die hoffentlich ans Tageslicht gekommene humanistische Ethik um eine ökologische Dimension. Ziel ist, unseren Horizont zu weiten. Das Endprodukt sollte ein stabiles und attraktives Fundament für die Neuordnung des Werteschaffens (Wirtschaftens) sein.

PS: Die Notwendigkeit, dieses Buch zu schreiben, erwuchs direkt aus den „50 Vorschlägen für eine gerechtere Welt“, die im Herbst 2006 erschienen und sich Anfang 2008 in der 6. Auflage befinden. Denn so positiv die meisten Vorschläge aufgenommen wurden, sie alle stoßen auf ein gemeinsames Hindernis: das Gewinninteresse mächtiger Konzerne. Das hat in mir einen tiefgehenden Nachdenkprozess über die Motiv- und Anreizstrukturen in der Welt des Wirtschaftens ausgelöst, dessen Ergebnisse nun vor Ihnen liegen.

 

1. Freiheit

Im Kapitalismus beutet der Mensch den Menschen aus. Im Kommunismus ist es genau umgekehrt.

JOHN KENNETH GALBRAITH

Der Westen hat die Freiheit verspielt und der Osten die Gerechtigkeit.

FRIEDRICH DÜRRENMATT

 

Gibt es ein stärkeres Versprechen als das der Freiheit?

Seit rund dreihundert Jahren, eine vergleichsweise kurze Zeitspanne in der Geschichte der Menschheit, suchen Nationalökonomen nach der idealen Wirtschaftsform. Die Entwürfe pendeln zwischen den Polen Kapitalismus und Kommunismus, dabei fällt auf, dass sie sich stets auf den zentralen Wert Freiheit berufen. Keine Utopie kommt ohne das Freiheitsversprechen aus. John Stuart Mill schrieb „Über die Freiheit“. Karl Marx wollte die Proletarier aus ihren „Ketten“ befreien, und Friedrich Hayek warnte vor dem „Weg in die Knechtschaft“, bevor er die „Verfassung der Freiheit“ niederschrieb. Sein Schüler Milton Friedman plante mit seinem Hauptwerk „Kapitalismus und Freiheit“ die beiden Begriffe ein für alle Mal aneinanderzuketten.

Hayek und Friedman prangerten den Freiheitsverlust in zentralen Planwirtschaften an und stellten den Wettbewerbskapitalismus als die „beste“ Wirtschaftsform hin. Folgt man jedoch Schritt für Schritt ihrer Argumentation, entpuppt sich nicht nur der real existierende Kapitalismus heute als ein Vielfrontenkrieg gegen die Freiheit, schon die theoretische Begründung wird ihren eigenen liberalen Ansprüchen nicht gerecht. Im ersten Kapitel werden diejenigen Wegzweigungen aufgespürt, an denen die Neoliberalen vom Pfad der Freiheit abgewichen sind, um von diesen Punkten aus ein neues Wirtschaften anzudenken. Gesucht wird nicht die „beste“ aller Wirtschaftsformen – das wäre die Wiederholung des Fehlers von Hayek und Friedman –, sondern eine, die mehr Freiheit bringt als die kapitalistische Marktwirtschaft.

 

Neoliberale Freiheit

Friedrich A. von Hayek definiert Freiheit zunächst als einen „Zustand, in dem ein Mensch nicht willkürlichem Zwang durch den Willen eines anderen oder anderer unterworfen ist“. Dieses Freiheitsverständnis leitet er von Aristoteles ab: „So wie wir einen Menschen frei nennen, der für seine eigenen Zwecke und nicht für die eines anderen lebt.“ Hayek folgert aus dieser Freiheitsdefinition: „Die Aufgabe einer Politik der Freiheit muss es daher sein, Zwang oder seine schädlichen Wirkungen zu verringern.“ Die Neoliberalen schließen sich zunächst auch dem liberalen Grundsatz an, dass die Freiheit eines Menschen dort enden müsse, wo die des anderen beginnt. Bei Friedman lesen wir: „Die Freiheit eines Menschen muss beschränkt werden, um die Freiheit eines anderen zu bewahren.“ Die entscheidende Abweichung erfolgt, wenn die Neoliberalen innerhalb der verschiedenen Freiheiten eine klare Hierarchie errichten: „Wirtschaftliche Freiheit ist die Voraussetzung für jede andere Art von Freiheit“, schreibt Hayek. Friedman meint: „Die wirtschaftspolitische Organisationsform, die unmittelbar für wirtschaftliche Freiheit sorgt, nämlich der Wettbewerbskapitalismus, sorgt auch für politische Freiheit.“ Stärker: „Die Geschichte lehrt, dass der Kapitalismus eine notwendige Voraussetzung für politische Freiheit ist“, glaubt Nobelpreisträger Friedman.

Wirtschaftliche Freiheit lässt sich wiederum auf zwei Grundfreiheiten reduzieren: Privateigentum und Wettbewerb: „Das System des Privateigentums ist der wichtigste Garant für Freiheit“, so Hayek, und: „Wenn wir die individuelle Freiheit nicht zerstören wollen, muss dem Wettbewerb gestattet werden, ungehindert zu funktionieren.“ Friedman: „Die Aufgabe der Regierung muss es sein, unsere Freiheit zu schützen, also (…) für Wettbewerb auf den Märkten zu sorgen.“

Der Kern neoliberaler Freiheit ist also das Recht auf Besitz und Konkurrenz. Im Folgenden wollen wir uns ansehen, ob der Vorrang dieser Wirtschaftsfreiheiten a) tatsächlich das Fundament für alle anderen Freiheiten ist, ob dies b) die größtmögliche Freiheit für alle bringt und ob c) damit nicht ganz neue, Freiheit einschränkende Zwänge einhergehen.

 

Fragwürdiger Freiheitsbegriff

Die These, dass Wirtschaftsfreiheit die Mutter aller Freiheiten, der „Garant“ für politische Freiheit sei, lässt sich mit einem einfachen Bespiel widerlegen: Dieses Buch können Sie nur lesen, weil es Meinungsfreiheit gibt. Gäbe es keine Menschenrechte, würden viele Menschen ihrer Existenzgrundlage beraubt werden oder gewaltsam zu Tode kommen. Sie könnten gar keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Es braucht zuerst eine (menschen-) rechtliche Sicherheit, auf der ökonomische Freiheit gedeihen kann. Was gälte die Eigentumsfreiheit, wenn das Leben nicht geschützt würde? Wem diente der Wettbewerb in einer Sklavenwirtschaft?

Von einem originär liberalen Standpunkt aus darf wirtschaftliche Freiheit persönliche und politische Freiheiten nicht einschränken, umgekehrt schon: Um die persönliche und politische Freiheit zu wahren, müssen dem Wirtschaften klare Grenzen gesetzt werden. Ein Metzger darf kein Menschenfleisch verkaufen. Ein privater Fernsehsender darf in der Hoffnung auf höhere Einschaltquoten nicht zum Mord aufrufen. Ein Arbeitgeber darf eine Frau für die gleiche Arbeit nicht geringer entlohnen als einen Mann, auch wenn ihm das einen höheren Gewinn brächte.

Privateigentum ist im deutschen Grundgesetz deshalb sozialpflichtig, weil die demokratische Gesellschaft den einzelnen Menschen erst das Recht auf Eigentum gibt, dieses schützt und dafür eine Gegenpflicht einfordert. Kurz: Die Wettbewerbs-, Unternehmens- und Eigentumsfreiheit ist den Menschen- und politischen Bürgerrechten nicht übergeordnet, sondern liegt im Wert darunter. Zu diesem Schluss kommt auch der indische Nobelpreisträger Amartya Sen: Freiheit spiegle sich in der „Menge der Verwirklichungschancen“, und politische Freiheiten seien nicht nur ein Mittel dafür, sondern ein „an sich erstrebenswertes Entwicklungsziel“. Hingegen könne die „ungehinderte Nutzung des Privateigentums – das Fehlen von Einschränkungen und Besteuerung – zu anhaltender Armut beitragen“. Die Ansicht, dass Wirtschaftsfreiheiten der „wichtigste Garant“ aller anderen Freiheiten seien, ist illiberal.

 

Vorrang von Wirtschaftsfreiheiten

Entgegen dieser Grunderkenntnis ist heute der Vorrang von Wirtschaftsfreiheiten besonders auf der internationalen Rechtsebene weit gediehen. In der EU genießen die „Binnenmarktfreiheiten“ – Kapitalverkehrs-, Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit – Vorrang vor den meisten anderen Werten und Freiheiten, wie dem Recht auf Gesundheit und intakten Lebensraum oder dem Recht auf Freiheit von Armut und sozialer Not. Die Welthandelsorganisation WTO gibt dem Handelsrecht Vorrang vor allen anderen Rechten. Sie wurde eigens außerhalb der UNO angesiedelt, um keine Rücksicht auf die Menschen-, Arbeits- und Frauenrechte, soziale Sicherheit, Entwicklung, Umweltschutz, Gesundheitsvorsorge oder Ernährungssicherheit nehmen zu müssen. Sie setzt nur Wirtschaftsfreiheiten durch. Klagen kann man in der WTO die Verletzung der eingegangenen Freihandelsverpflichtungen (sehr wirkungsvoll) und die Verletzung geistiger Eigentumsrechte, nicht aber die Verletzung von Menschenrechten, Zerstörung von Lebensraum, Gesundheitsgefährdung, Geschlechterdiskriminierung, Zerstörung kultureller Vielfalt, Kartellbildung oder Steuerflucht – auch bei keinem anderen internationalen Gericht. Beim Weltbank– Tribunal für Investitionsstreitigkeiten (ICSID) können nur Konzerne klagen, die ihre Investitionsrechte verletzt sehen, nicht aber Menschen, deren Rechte von Investoren verletzt werden. Die vorrangige Durchsetzung globaler Wirtschaftsfreiheiten – mit der Begründung, sie seien die Grundlage aller weiteren Freiheiten – hat die Freiheit und die politischen Rechte zahlloser Menschen verletzt:

- In zahlreichen Ländern sinken infolge der Handelsliberalisierung die Reallöhne, wachsen Armut, soziale Unsicherheit und Ungleichheit, werden Arbeitsrechte außer Kraft gesetzt; in Sonderwirtschaftszonen grassieren Ausbeutung, Sexismus und sklavenähnliche Arbeitsbedingungen.

- Der freie Kapitalverkehr hat schwere Finanzkrisen ausgelöst, darunter die Südostasienkrise, der allein 25 Millionen Arbeitsplätze zum Opfer fielen; die Armut in der Region verdoppelte sich schlagartig.

- Der Freihandel hat zahllose Industrien in Lateinamerika und Afrika zerstört, in Lateinamerika spricht man von „De-Industrialisierung“ und „Reprimarisierung“, also vom Rückfall höherer Volkswirtschaften in den Agrar- und Rohstoffsektor.

- Der Freihandel mit Agrargütern hat Millionen von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen weltweit ruiniert, sie verarmen und verhungern. Der Hunger nimmt weltweit zu. Die UNCTAD spricht von „inmisering trade“.

- Investitionen in Afrika, Lateinamerika oder Südostasien zerstören den Lebensraum von Tausenden Menschen. Ihre Existenzgrundlage – Wald, Wasser, Fischgründe, Weideland – wird zerstört. Kulturelle Verarmung und Zwangsmigration stehen auf der Tagesordnung.

- Die Privatisierung der essenziellen Bereiche Bildung, Gesundheit, Energie oder Trinkwasser hat zum Ausschluss weiter Bevölkerungskreise von der Versorgung geführt. In Südafrika tranken arme Menschen, die sich sauberes Trinkwasser nicht leisten konnten, verseuchtes Flusswasser, woraufhin eine Cholera-Epidemie ausbrach und Tausende Menschenleben forderte.

- Der globale Schutz geistigen Eigentums in Form von Monopolrechten für Pharmakonzerne hat dazu geführt, dass Medikamente für Millionen von Menschen unerschwinglich werden. Täglich sterben 13 000 Menschen an behandelbaren Krankheiten. Patentrechte sind auch die Ursache dafür, dass sich die agrarische Gentechnik ausbreitet und zahllose Kleinbauern und -bäuerinnen ruiniert. In Indien begehen Zehntausende mittellos gewordene BäuerInnen Selbstmord.

Der Vorrang für Wirtschaftsfreiheiten schränkt die politischen Rechte und Freiheiten zahlloser Menschen ein. Der liberale Grundsatz, wonach Freiheiten dort ihre Grenze finden müssen, wo die Freiheit anderer beginnt, wird systematisch gebrochen. Das gilt nicht nur für den Vorrang politischer vor wirtschaftlichen Freiheiten; auch die wirtschaftliche Freiheit des einen endet heute nicht dort, wo die des Nächsten beginnt. Die Verabsolutierung ökonomischer Freiheit ist ein totalitärer Reduktionismus. Alles, was nicht ganzheitlich gedacht und gelebt wird, rächt sich früher oder später, weil das Übersehene, mindestens gleich Gültige oder noch Wichtigere integriert werden muss.

© Deuticke Verlag ©

Literaturangaben:
FELBER, CHRISTIAN: Neue Werte für die Wirtschaft. Eine Alternative zu Kommunismus und Kapitalismus. Deuticke Verlag, Wien 2008. 336 S., 19,90 €.

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