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And the Beat goes on

In „Beat Stories“ von Thomas Kraft verschmelzen Erinnerung und Fakten zu einer lesenswerten Melange

© Die Berliner Literaturkritik, 19.09.08

 

„Hot town, summer in the city / Back of my neck getting dirty and gritty” – der perfekte Song für einen heißen Sommertag, die Melodie nistet sich gerne mal von alleine im Ohr ein, wenn die Sonne über der Stadt brennt, als gäbe es kein Morgen mehr. Auch „Morning has broken“ von Cat Stevens, wahrhaft passend zum Morgenkaffee nach einer anstrengenden Nacht, hat diesen Effekt, welchen man bei der heutzutage üblichen melodiös-seichten Popmusik eher selten findet – und wenn doch, lieber vermieden hätte. Warum übt die Musik der 60er auch heute noch eine derartige Faszination auf Musikbegeisterte aus? Warum kann auch ich, eine Generation später geboren, auf Knopfdruck Lieder von The Mamas & The Papas oder The Kinks anstimmen?

Im so genannten Jubiläumsjahr der 68er darf, neben diversen Autobiographien und Gesellschaftsanalysen, natürlich ein Buch über die quasi Welt verändernde Musik dieser Jahre nicht fehlen. Der Publizist und Literaturkritiker Thomas Kraft hat nun mit seiner quitsch-orangenenen Anthologie „Beat Stories“ diese Lücke gefüllt.

Zahlreiche Journalisten und Schriftsteller, darunter Frank Goosen, Burkhardt Spinnen oder Tanja Dückers, wagten noch einmal den sentimental gefärbten Blick zurück in ihre Kindheit oder Jugend und fassen ihre Erinnerungen an ihr liebstes Lieblingslied aus den 60ern und 70ern in hübsche Worte. Viele von ihnen sind selbst erst in den 60er Jahren geboren. Das erste Mal verliebt sein, der erste Kuss, das erste Mal betrunken sein – zahlreiche pubertäre Phantasien und Erfahrungen, unweigerlich verbunden mit den Idolen jener wilden Jahre, fanden Einzug in diese „literarische Liebeserklärung an die beste Musik aller Zeiten“.

Da begleiten wir die Autorin Kathrin Schmidt zurück in den äußerst kalten Winter des Jahres 1978. Fräulein Schmidt wohnt in einer alten und schrecklich zugigen Wassermühle in der Nähe von Jena, einziger Trost der stark qualmende Kohleofen und ihr knallroter Plattenspieler samt Cat-Stevens-Platte. In mehrere Decken gewickelt und unermüdlich wieder und wieder „Morning has broken“ lauschend, träumt sie sich verkühlt, aber glücklich ins neue Jahr. Oder die Leser können den Hippie in sich entdecken, wenn Sonja Rudorf von einem brütend heißen Sommer Ende der 70er inklusive Freibad und Limonade, hauchzarten Verliebtheitsgefühlen und den eigentlich zu dieser Zeit gar nicht mehr modernen Mamas & The Papas erzählt.

Was Thomas Kraft hier versammelt hat, liest sich wie ein farbenfroher Querschnitt durch die Tagebücher der aufwachenden Jugend im Deutschland der 60er und 70er Jahre, sowohl im Westen wie auch in der DDR. Dabei üben die Autoren teils offene Kritik an den damaligen gesellschaftlichen Verhältnissen, reflektieren den eigenen Werdegang oder die Entwicklung ihrer Lieblingsmusiker.

Die Kritik an der aktuellen Musiklandschaft wird aber leider schwafelnden Fachleuten überlassen. Diesen Teil des Bandes kann man sich größtenteils schenken. Wer also die Musik der 60er und 70er am eigenen Leib erfahren hat, sollte lieber die passenden Songs laut aufdrehen, sich zurücklehnen und mitnehmen lassen auf eine Reise in die eigene Vergangenheit. Oder in den Erinnerungen besagter Autoren schwelgen – ebenso wie diejenigen, die damals noch nicht dabei waren.

Literaturangaben:
KRAFT, THOMAS (Hg.): Beat Stories. Blumenbar Verlag, München 2008. 382 S., 19,90 €.

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