ODENSE (BLK) - Märchenpreis für die Autorin des erfolgreichsten Märchens unserer Tage: Joanne K. Rowling, Autorin der Harry-Potter- Bücher, hat in Odense den ersten „Hans-Christian-Andersen- Literaturpreis“ in Empfang genommen. Für ihre sieben Bände über den jungen Zauberer wurde sie als „Artsverwandte“ des großen Märchendichters geehrt. Dabei gestand Harry Potters „Mutter“ ihre Liebe zu Andersens unsterblichen Figuren.
In Odense war Andersen 1805 in ärmlichen Verhältnissen zur Welt gekommen. J.K. Rowling wurde 205 Jahre später hier wie eine Märchenkönigin empfangen. Mit der von ihr als „sehr ehrenhaft und sehr schwer“ eingestuften Statue erhielt sie auch die Dotierung von 500.000 Kronen (67.000 Euro). Überreicht bekam sie die Auszeichnung von der (eingeheirateten) Prinzessin Marie und revanchierte sich mit einer Liebeserklärung: „Andersen hat uns unzerstörbare, ewige Charaktere gegeben. Das hässliche Entlein, die kleine Meerjungfrau, die Schneekönigin und den nackten Kaiser.“ Die Personen ihrer Potter- Serie könne sie damit nicht vergleichen: „Aber ich habe sie so geliebt, dass es ein schmerzlicher Verlust war, sie nach 17 Jahren zu verlassen.“
Das könne man längst nicht mit den Andersen-Geschichten vergleichen, die nun schon „zwei Jahrhunderte gehalten haben“, meinte Rowling in ihrer Bescheidenheit ausstrahlenden Rede. Dabei boten sich Vergleiche auch im Leben des 1875 in Kopenhagen gestorbenen Dänen und der 1965 in der Ortschaft Yate geborenen Engländerin an. Andersen und Rowling haben ihre schriftstellerischen Aktivitäten beide in Armut gestartet. Der Märchendichter als bettelarmer Schustersohn, die Potter-Autorin als allein erziehende Mutter in Edinburgh mit Sozialhilfe.
Aber was zählt das heute, wenn Millionen Kinder und auch Erwachsene die Geschichten beider lesend verschlingen. Reich fühlt sich Rowling nach eigener Aussage nicht wegen der inzwischen gescheffelten Einnahmen: „Wie durch ein Wunder empfinde ich dies (die Welt der abgeschlossenen Potter-Serie) immer noch als mein eigenes privates Königreich. Ich kann es mir nicht verkneifen, immer mal wieder dort herumzustrolchen und zu gucken, was die die Personen gerade so treiben, die noch leben.“
Der Andersen-Literaturpreis wurde 2005 von privaten Sponsoren gestiftet, obwohl es seit 1956 schon einen weltweit bekannten Andersen-Kinderbuchpreis gibt. Damit sollte dem kommerziell sehr aggressiv organisierten Festjahr zum 200. Todestag des Märchendichters noch ein zusätzlicher „Kick“ gegeben werden. (nw)