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Anspruchsvoll – Tanja Kinkels Roman „Säulen der Ewigkeit“

Lesevergnügen für alle Freunde anspruchsvoller Historienromane

© Die Berliner Literaturkritik, 11.08.08

 

Von Britta Schmeis

Ein italienischer Jahrmarktskünstler aus England, der auszieht, um in Ägypten bislang verschollene Altertümer zu entdecken - und prompt gleich mehrere entdeckt. Und eine Frau an seiner Seite, die sich vom Waisenkind zu einer Gesellschafterin hochgearbeitet hat und dann zur Abenteuerin im (Vorderen) Orient wird. „Solche Figuren würde ich niemals erfinden, die sind ja viel zu unrealistisch“, erzählt die 38 Jahre alte Bestseller-Autorin Tanja Kinkel. Deswegen schöpft sie auch für ihren neuesten knapp 700 Seiten starken Roman „Säulen der Ewigkeit“ aus der Geschichte.

Giovanni Battista Belzoni ist ein Zwei-Meter-Mann, der sich als „Samson aus Pentagonien“ mit den unglaublichsten Kraft-Kunststücken auf Englands Jahrmärkten verdingt. Sarah, dem Waisenhaus entwachsen und entkommen, ist eine „Gesellschafterin, dazu da, mit der Wandtapete eins zu werden, wenn sie nicht gerade vorlas; trotzdem - oder gerade deswegen - galt sie als respektabel“. Sie gibt ihr behütetes Leben auf, um mit ihrem Mann und dem zehnjährigen Iren James fortan von Jahrmarkt zu Jahrmarkt durch ganz Europa zu ziehen.

Doch dann bietet sich die Chance, aus dem oft trostlosen Vagabunden-Alltag auszubrechen: Giovanni gibt sich als Experte für Bewässerungstechniken aus und wird nach Ägypten eingeladen, um den Fortschritt in das Land zu bringen und damit die Gesellschaft zu modernisieren. Dort scheitert Giovanni zwar mit dem Bewässerungsprojekt, dafür wird er zu einem der erfolgreichsten Archäologen seiner Zeit. Das Land der Pyramiden und Pharaonen weckt zugleich seinen Ehrgeiz, in die Geschichte einzugehen und seinen stärksten Konkurrenten als Archäologe und Mann zu besiegen. Für Sarah beginnt eine Erkundungsreise in eine völlig fremde Kultur - und sie gerät zwischen zwei Männer.

„Es war Sarah Belzoni, die für mich den Ausschlag gegeben hat, den Roman so anzulegen, wie er nun ist“, sagt Tanja Kinkel, die mit „Der Puppenspieler“ (1993) ihren bislang größten Erfolg hatte. Diese für ihre Zeit so ungewöhnliche Frau, die als eine der ersten Europäerinnen Ägypten bereist hatte, habe ihre Fantasie angeregt. Es waren die Anhänge an Belzonis „Entdeckungsreisen in Ägypten 1815 – 1819“ und die eigenen Aufzeichnungen Sarahs, die sie inspiriert haben. Denn „Säulen der Ewigkeit“ ist nicht nur ein detailliert recherchierter Historienroman, sondern auch die Emanzipationsgeschichte einer Frau, die stets zwischen Konventionen zweier Kulturen und ihrer eigenen Abenteuerlust wandelt.

Dabei lässt Kinkel den Leser tief in das Ägypten des frühen 19. Jahrhunderts eintauchen, flicht unterhaltsame und zugleich informative Anekdoten ein, die das Leben und die Umstände, unter denen sich die Europäer damals in Ägypten bewegten, näher bringen.

Das tut sie nicht in langen Abhandlungen, sondern in Gesprächen ihrer Protagonisten oder in der Handlung selbst. Stets bemüht um historische Korrektheit und Glaubwürdigkeit hat die Autorin eineinhalb Jahre recherchiert – vor allem in London in der British Library und im British Museum. Bei all der Genauigkeit und den zahlreichen Namen von Herrschern, Dienern und Orten kann man da auf den knapp 700 Seiten schon mal den Überblick verlieren.

Kinkel verfällt nicht in die üblichen Klischees, dass alle unsympathischen Figuren altmodische Ansichten haben, die sympathischen weltoffen und modern sind. Stattdessen zeichnet sie die Charaktere sehr differenziert - mit all ihren Widersprüchen. Eine Liebesgeschichte darf da nicht fehlen, doch verliert sich Kinkel dabei nicht in schwülstigen, ausschweifenden Beschreibungen, sondern beschränkt sich zumeist auf dezente Andeutungen.

Die Sprache ist mitunter ein wenig behäbig und steif. Doch gleichzeitig beweist die promovierte Germanistin Sinn für Witz und Ironie. Damit stattet sie vor allem ihre Hauptfigur Sarah aus:

„Wohltäter oder nicht, sie entschied, dass sie Männer verabscheute, die einer Frau ihre Ohnmachtsanfälle nicht glaubten.“ So ist auch der neue Roman ein unterhaltsames und zugleich lehrreiches Lesevergnügen für alle Freunde anspruchsvoller Historienromane.

Literaturangaben:
KINKEL, TANJA: Säulen der Ewigkeit. Droemer Verlag, München 2008. 688 S., 19,95 €.

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