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Auf der Suche nach dem Glück in einer Diktatur

Ingo Niermanns Protokolle „China ruft Dich“

© Die Berliner Literaturkritik, 10.03.08

 

BERLIN (BLK) – Ingo Niermanns Protokolle „China ruft Dich“ ist im Verlag Rogner & Bernhard erschienen.

Klappentext: Neunzehn Auswanderer und Heimkehrer erzählen in „China ruft Dich“ von den Lockungen und Tücken der am schnellsten wachsenden Wirtschaft der Welt. Längst sind es nicht mehr nur die internationalen Konzerne, die sich in China ansiedeln. Im Sommer und Herbst 2005 trafen der Autor Ingo Niermann und die Fotografin Antje Majewski in Peking Menschen, die auf eigenes Risiko in einer Diktatur ihr Glück suchen. Zwei Jahre später, im Herbst 2007, kehrten sie zurück, um herauszufinden, wie rasant sich deren Leben in der Zwischenzeit entwickelt hat. In „China ruft Dich“ kommen bekannte und unbekannte Menschen zu Wort: der letzte DDR-Militärattaché in China, der inzwischen eine Schlachterei und mehrere Restaurants betreibt; ein texanisches Ehepaar, das im Film- und Ölgeschäft tätig war und jetzt auf der Flucht vor dem FBI ist; ein arbeitsloser nigerianischer Fußballspieler; Ole Scheeren, Architekt von Pekings umstrittenstem Bauwerk, der Zentrale des chinesischen Staatsfernsehens, und Ai Weiwei, Deutschlands beliebtester chinesischer Künstler, der auf der letzten Documenta 1001 Chinesen für sein Projekt „Fairytale“ versammelt hat.

Ingo Niermann ist 1969 in Bielefeld geboren. Er studierte Philosophie und war als Journalist u.a. bei der "Süddeutschen Zeitung" und "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" tätig. Ingo Niermann ist Autor der Bücher „Der Effekt“, „Minusvisionen“, „Umbauland“ und „Metan“ (mit Christian Kracht). (tan/wip)

 

Leseprobe:

© Rogner & Bernhard ©

„Ich bin unter der Erde aufgewachsen. Eine vier- oder fünfköpfige Familie auf zwölf Quadratmetern. Wir haben alle im selben Bett geschlafen. Es war sehr niedrig, ohne Licht. Wir mussten uns eine Schaufel tiefer graben, um aufrecht stehen zu können. Das Bett war einfach ein großes Stück Erde. Als wir tiefer gegraben haben, haben wir diesen Teil des Bodens als Bett stehen lassen. In der Nacht haben wir oft Ratten gehört. Am Morgen habe ich all meine Rattenfallen durchgesehen und oft mehr als zehn Ratten gefunden. Ich habe fünf Jahre lang unter diesen Umständen gelebt. Und auch in New York habe ich sehr lange in einem Keller gewohnt. Ein kleiner Ort kann sehr bedeutungsvoll sein (…).

Zwei Jahre lang habe ich professionell gespielt. Das hat wenig Geld eingebracht, 40.000 Dollar, aber für mich ist das genug, um eine lange Zeit zu überleben. Ich bin in ein Kasino in Atlantic City gegangen, in zwei Jahren fast zweihundertmal. Atlantic City lag zwei Stunden entfernt. Jedesmal, wenn ich im Kasino anrief, haben sie mir eine große Stretchlimousine geschickt, um mich vor meiner Kellerwohnung abzuholen und nach Atlantic City zu fahren. Die ganze Nachbarschaft dachte: Der Kerl muss bei der Mafia sein.“

© Rogner & Bernhard ©

Literaturangaben:
NIERMANN, INGO: China ruft Dich. Protokolle. Mit Fotografien von Antje Majewski. Verlag Rogner & Bernhard, Berlin 2008. 276 S., 19,90 €.

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