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Auf der Suche nach dem Unwort des Jahres 2008

Vorschläge können noch bis zum 9. Januar 2009 eingereicht werden

© Die Berliner Literaturkritik, 19.12.08

 

Gespräch: Ira Schaible

FRANKFURT AM MAIN (BLK) - Bei der Suche nach dem Unwort des Jahres 2008 dreht sich das Gros der Vorschläge um den Wirtschaftsabschwung und den neuen Gesundheitsfonds. „Das kaputte Finanzsystem spielt bislang die stärkste Rolle“, sagte der Initiator der sprachkritischen Aktion, Horst Dieter Schlosser, der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Frankfurt. Als Beispiel nannte er „notleidende Kreditinstitute“, „Leerverkäufe“ und „Bangster/Bankster“, eine Mischung aus Banker und Gangster. Die von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres gewählte „Finanzkrise“ werde sehr häufig vorgeschlagen. „Das Wort Krise spielt ja runter. Im Grunde ist es eine Katastrophe“, erläuterte der emeritierte Germanistik-Professor.

Zum 18. Mal werden für das „Unwort“ sprachliche Missgriffe gesucht, die im laufenden Jahr besonders negativ aufgefallen sind, weil sie sachlich grob unangemessen sind oder sogar die Menschenwürde verletzen. Bis zum 9. Januar können die Bürger einzelne Wörter oder Formulierungen aus der öffentlichen Kommunikation vorschlagen, möglichst mit Quellenangabe. Die Fach-Jury gibt ihre Entscheidung am 20. Januar in Frankfurt bekannt. Ausschlaggebend ist dabei das besondere Missverhältnis von Wort und Sache, nicht die Häufigkeit eines Vorschlages. „Wir sind jetzt bei etwa 1800 Einsendungen. Das ist relativ viel“, sagte Schlosser. Dabei würden viele verschiedene Begriffe genannt. Auch bloße Namen seien darunter, wie Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti.

Im Zusammenhang mit dem Gesundheitsfonds, der von 2009 an gilt, sei beispielsweise das Sprachmonstrum „morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich“ vorgeschlagen worden. Dieser offizielle Terminus stehe dafür, „dass Krankenhäuser dann zusätzlich Geld bekommen, wenn sie möglichst schwer kranke Patienten haben“. Auch die Formulierungen „Betriebsstätten-Fälle“ für Patienten in Arztpraxen und „Menschenrest“ für Schwerstpflegebedürftige gehörten zu den Unwort-Anwärtern.

Bei vielen Vorschlägen sei es sehr schwierig, herauszufinden, wer den Begriff zuerst verwendet habe, berichtete Schlosser. So sei der Jury erst jetzt bekanntgeworden, dass die im vergangenen Jahr gekürte „Herdprämie“ schon in der DDR ein gebräuchliches Wort für den Mutterschutz gewesen sei. Die Jury hatte den Begriff zum Unwort gemacht, weil er „Eltern diffamiert, insbesondere Frauen, die ihre Kinder zu Hause erziehen, anstatt einen Krippenplatz in Anspruch zu nehmen.“

„Vor einigen Jahren waren wir uns einig, den Armutsgewöhnungszuschlag zum Unwort zu wählen, aber alle Quellen, die wir aufgetan haben, waren bereits in kritischen Texten, so dass wir annahmen, das ist eine Erfindung“, berichtet Schlosser. „In diesem Jahr kommen zwei Leute und zeigen uns genau den Paragrafen in dem Sozialgesetzbuch, in dem das steht.“

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