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Die heikle Suche nach sich selbst

In „Der Betrüger“ versinnbildlicht Damon Galgut das Schicksal Südafrikas

© Die Berliner Literaturkritik, 06.05.09

Von Thomas Strünkelnberg

Südafrika ist ein kompliziertes Land. Und eine junge Demokratie, die nach dem Zusammenbruch des Apartheid-Regimes vieles hinter sich lassen muss. Um einen Neuanfang geht es auch Damon Galgut, einem der renommiertesten Autoren Südafrikas. Sein Buch „Der Betrüger“ handelt von Adam Napier, einem Mann, der mit Mitte 40 ziemlich am Ende ist. Kein Job, kein Zuhause und keine Beziehung – wäre da nicht sein reicher Bruder, der ihn nicht wirklich ernst zu nehmen scheint. Und doch bietet ihm dieser Mann, der ihn von oben herab behandelt, die Möglichkeit eines Neuanfangs. Wenn es denn einen Neuanfang bedeutet, sich in der Wüste zu vergraben.

Wie das Land, so ist auch der Protagonist Adam auf der Suche nach sich selbst. Im neuen Südafrika verliert er seinen Arbeitsplatz an einen jüngeren und von ihm selbst geschulten schwarzen Mitarbeiter. Sein Haus hat er trotz der Warnungen seiner Freunde viel zu spät zum Verkauf angeboten. Bis es dann so stark an Wert verliert, dass er es nicht einmal mehr verschenken kann. Also zieht er zu seinem erfolgreichen Bruder Gavin. Dieser versucht, ihn mit einem Stellenangebot zu einem nach seiner eigenen Vorstellung erfolgreichen Leben zu verhelfen. Doch Adam lehnt ab. Er sucht ein Leben jenseits gewöhnlichen Reichtums und will wieder Gedichte schreiben – wie einst als Jugendlicher.

Wie das Land, so ist auch der Protagonist Adam auf der Suche nach sich selbst.

Dafür bietet ihm Gavin sein völlig verwahrlostes Haus in der Karoo-Halbwüste als Unterschlupf an. Fernab von allem, mitten im Nichts, versucht Adam seinen Neuanfang. So wird er zum Symbol einer ganzen Gesellschaft. Schade nur, dass die Suche nach dem neuen „Ich“ ebenso scheitert wie sein bisheriges Leben. Der anfängliche Elan ist schnell vergessen. Man richtet sich ein – und auch an den von jahrzehntelang wucherndem Unkraut verwilderten Garten gewöhnt er sich schnell. Was bleibt von den hochfliegenden Plänen? Allein Apathie.

Bis er schließlich seinem ehemaligen Schulkameraden Kenneth Cannings begegnet. Aus irgendeinem Grund scheint er dessen Vorbild gewesen zu sein, dennoch kann er sich nicht an den Mann erinnern. Was er ihm aber verschweigt. Auf Cannings Farm beginnt er dann eine Affäre mit dessen schwarzer Frau Baby. Erst spät durchschaut er die dubiosen Geschäfte seines früheren Freundes, wird hineingezogen in einen Strudel aus Korruption, Anarchie, Gier und Macht. Die Cannings-Farm wird immer mehr zum Symbol für Luxus und Gier – und Zerstörung.

Der Autor schafft es, Adams Schicksal sinnbildlich für das Leben in Südafrika stehen zu lassen, für die Suche nach südafrikanischer Identität – mit all ihren Gefährdungen. Bemerkenswert ist vor allem Galguts Sprache – unbestechlich, schnörkellos und eingängig in den Beschreibungen. Der Leser meint die wüste Landschaft, in der Adam lebt, beinahe zu sehen. Genau so gut gelingt die Zeichnung der Charaktere – besonders Cannings in seiner manchmal derben Gewöhnlichkeit sticht hervor.

Galguts Roman „Der gute Doktor“ hatte in den englischsprachigen Ländern bereits ein großes Echo gefunden und wurde für den Man Booker Prize nominiert. In Deutschland ist der Autor noch zu entdecken, während er in seinem Land bereits als Nachfolger des südafrikanischen Nobelpreisträgers J. M. Coetzee gehandelt wird.

GALGUT, DAMON: Der Betrüger. Übersetzt aus dem Englischen von Thomas Mohr. Manhattan Verlag, München 2009. 301 S.,19,95 €.


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