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Ausstellung über Nelly Sachs

Die Ausstellung ist bis zum 27. Juni in Berlin zu sehen

© Die Berliner Literaturkritik, 25.03.10

Von Nada Weigelt

Nelly Sachs war 1966 die erste deutschsprachige Dichterin, die einen Literaturnobelpreis erhielt. Dennoch ist das Werk der vor den Nazis nach Schweden geflohenen Jüdin aus Berlin heute fast vergessen. Aus Anlass ihres 40. Todestages erinnert das Jüdische Museum der Bundeshauptstadt in einer Ausstellung jetzt erstmals umfassend an die große Lyrikerin.

„Wir hoffen, eine Dichterin wieder ins Gespräch zu bringen, die eine außergewöhnliche Bedeutung für die deutsche Literatur hat“, sagte Programmdirektorin Cilly Kugelmann am Mittwoch (23.3.). Rund 300 Objekte, Fotos, Manuskripte und Dokumente, darunter bisher unveröffentlichtes Material aus dem Nachlass, geben einen sehr persönlichen Einblick in das Leben und Werk der scheuen Schriftstellerin.

„Wir jüdischen Menschen müssen so zurückhaltend wie möglich sein“, schrieb Nelly Sachs einmal an ihren „Entdecker“, den Literatur-Wissenschaftler Walter Berendsohn. „Du wirst ja meine wiederholt ausgesprochene Bitte verstanden haben, dass ich hinter meinem Werk verschwinden will, dass ich anonym bleiben will.“

Die Ausstellung respektiert den Wunsch, indem sie sich Nelly Sachs „zwischen den Zeilen nähert“, wie es der Kurator und schwedische Schriftsteller Aris Fioretos ausdrückt. Im Zentrum steht die rekonstruierte, nur vier Quadratmeter große Wohnküche („Kajüte“) der Dichterin, in der – mit Blick auf das Wasser – ihr Hauptwerk entstand. Dazu zählen etwa die Sammlung „Flucht und Verwandlung“ (1959) sowie der Band „Glühende Rätsel“ (1965).

Die zunächst behütet aufgewachsene Fabrikantentochter hatte sich 1940 buchstäblich in letzter Minute mit ihrer Mutter vor den Nazis nach Schweden retten können – der Befehl zum Abtransport in ein Konzentrationslager lag schon vor. „Durch die furchtbare Tragödie geliebtester Menschen bis ins Letzte erschüttert und kaum mehr lebensfähig“, fand sie erst als über 50-Jährige im Stockholmer Exil zu ihrer literarischen Größe. „Sie wurde als Dichterin durch die Shoah geboren“, sagt Fioretos.

Das andere große Trauma ihres Lebens, die unerwiderte Liebe zu einem unbekannten Mann, zieht sich ebenfalls wie ein roter Faden durch die Ausstellung – nicht voyeuristisch auf der Suche nach dessen Identität, sondern im Spiegel ihrer eigenen Worte: Er wird von dem mit „Du“ angesprochenen Gegenüber zum „toten Bräutigam“ und schließlich zum „großen Anonymen“. Am 12. Mai 1970 stirbt Nelly Sachs nach einer jahrelangen, immer wieder aufbrechenden psychischen Krankheit mit 78 Jahren in Stockholm.

Die in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Theater und der Königlichen Bibliothek Stockholm sowie der Schwedischen Botschaft entstandene Ausstellung ist bis zum 27. Juni in Berlin zu sehen. Der Suhrkamp Verlag bringt begleitend eine vierbändige Werkausgabe und eine neue Bildbiografie heraus. Im Anschluss geht die Schau nach Stockholm und soll dann für zwei Jahre quer durch Europa zu sehen sein.


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