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Autoren zum Anfassen verschaffen sich auf Literaturfestivals Gehör

Die heutige Autorengeneration hat die Freude am Erzählen neu entdeckt

© Die Berliner Literaturkritik, 14.01.08

 

Von Susanna Gilbert-Sättele

HAMBURG (BLK) – Das gedruckte Wort allein reicht schon lange nicht mehr aus, um Bücher zu verkaufen. Der Autor muss auch zu hören und zu sehen sein, seine Leser möchten mit ihm reden können – und das vielleicht sogar an ungewöhnlichen Orten. Um diese Wünsche zu bedienen, sind gerade in den vergangenen Jahren landauf und landab Literaturfestivals aus der Taufe gehoben worden – und dies mit großem Erfolg.

„Die Literatur muss lauter daher kommen, um gehört zu werden“, sagt Oliver Zille, der Direktor der Leipziger Buchmesse und damit zugleich verantwortlich für „Leipzig liest“, eines der größten Literaturfestivals weltweit. „In der heutigen Medienwelt muss man Literatur inszenieren, um an die Leser zu gelangen“, so Zille. „Deshalb versuchen die Verlage verstärkt, ihre Autoren direkt mit dem Publikum in Kontakt zu bringen.“ Parallel zur jährlichen Leipziger Buchmesse im März gibt es deshalb seit 1992 „Leipzig liest“: An fünf Tagen bevölkern rund 1500 Autoren die Buchhandlungen, Restaurants, Kirchen, den Zoo und hunderte andere Orte der Messestadt, um ihre neuen Bücher vorzustellen.

Die große Resonanz auf diese Angebote erklärt sich Zille auch damit, dass die deutschen Autoren – anders als in den 1970er und 80er Jahren – nicht mehr so kopflastig sind, sondern die Freude am Erzählen neu entdeckt haben. Neben der jungen deutschsprachigen steht in Leipzig vor allem die mittel- und osteuropäische Literatur im Vordergrund. In diesem Jahr wird Kroatien der Schwerpunkt sein. Dann wird es eine Lesenacht geben, in der eine hochkarätige Auswahl von Literaten aus dem Balkanstaat die Leipziger bis in die Morgenstunden mit ihren Büchern vertraut machen wird.

Im neuen Jahrtausend sind mit der lit.COLOGNE und dem Internationalen Berliner Literaturfestival zwei neue Megaevents hinzugekommen. Mit über 250 Veranstaltungen und 34.000 Besuchern an 13 Tagen feierte im vergangenen September die siebte Auflage des Berliner Festivals einen neuen Rekord. Festivalleiter Ulrich Schreiber macht für seinen Erfolg nicht zuletzt auch ökonomische Aspekte verantwortlich: „Im Unterschied zu teuren Theater- oder Musikproduktionen braucht es bei den literarischen Lesungen kein Bühnenbild und keine Instrumente, die Autoren müssen nur sich selbst mitbringen.“

Insbesondere Krimifestivals erleben ganz aktuell einen großen Aufschwung – kaum eine größere Stadt, die sich nicht ein solches leistet. Lesungen im Sektionssaal einer Pathologie, in Gefängniszellen oder auf der Polizeistation gehören meist zum Konzept. So auch beim Krimi-Festival München, das mit hundert Autoren und rund 10.000 Besuchern zusammen mit der „Criminale“ und „Mord am Hellweg“ zu den größten in Europa zählt.

„Wir wollen die Krimis sinnlich erlebbar machen und stellen sie deshalb an realen Tatorten vor“, sagt Andreas Hoh. Der künstlerische Leiter des Krimi-Festivals München führt den Boom vor allem auf das Engagement der Verlage und des Buchhandels zurück: „Der Krimi ist auf dem Buchmarkt ein erfolgreiches Genre.“ Zudem biete er sich geradezu an, so Hoh weiter, ihn nicht nur in Form einer klassischen Lesung vorzustellen, sondern im Rahmen eines spannenden Events. „Bei einer Lesung im Sektionssaal kann man geradezu eine Stecknadel fallen hören.“ Vom 7. bis zum 17. März gibt es die fünfte Auflage des Münchner Festivals, und dabei werden so renommierte Autoren wie Robert Littell („Die Söhne Abrahams“) und David Peace („1983“) aus ihren neuen Kriminalromanen lesen.

Hoh und seine größtenteils ehrenamtlichen Mitstreiter starten in diesem Jahr mit „Tatort Ammersee“ auch gleich ein neues Projekt. Bei diesem werden vor allem sogenannte Regionalkrimis vorgestellt. Die Beliebtheit gerade dieser Spielart des Krimis erklärt sich Hoh so: „Wenn wir auch nicht so sehr mit unseren eigenen dunklen Seiten konfrontiert werden wollen, so möchten wir doch umso lieber die unserer Nachbarn sehen.“


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