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Barbarei und Zivilisation – Südamerikanischer Klassiker neu übersetzt

Kernstück des Buches ist das Leben und der gewaltsame Tod des Gaucho Facundo Quiroga

© Die Berliner Literaturkritik, 04.03.08

 

Von Klaus Blume

Der Traum von der Unabhängigkeit wurde für viele Völker Südamerikas im 19. Jahrhundert zum Alptraum. Statt Demokratie und Rechtsstaatlichkeit herrschten in den früheren spanischen Kolonien Chaos, Bürgerkrieg und Diktatur. So auch in Argentinien. Von dieser wilden Zeit handelt der Romanessay „Barbarei und Zivilisation“ des argentinischen Journalisten, Lehrers und Politikers Domingo Faustino Sarmiento (1811-1888). Es ist ein Klassiker der lateinamerikanischen Literatur, der jetzt in der Übersetzung des Berliner Dozenten Berthold Zilly auf Deutsch erschienen ist.

Kernstück ist das Leben und der gewaltsame Tod des vom Gaucho und Banditenführer zum Provinzfürsten aufgestiegenen Facundo Quiroga. Der „Tiger der Pampa“ ist als politischer Akteur symptomatisch für die vom Bürgerkrieg zerrüttete Nation und einen gescheiterten Staat. Sarmiento erzählt die Geschichte Facundos und untersucht dabei, warum sein Land nicht voran kommt, aber auch die Entwicklungschancen, die es eigentlich hätte. Er richtet sich dabei nicht nur an ein argentinisches, sondern an ein internationales, insbesondere europäisches Publikum.

Mit dem Begriffspaar „Zivilisation und Barbarei“, das schon bald zum geflügelten Wort wurde, meint Sarmiento den scharfen Gegensatz zwischen der kultivierten Hauptstadt Buenos Aires und dem von Indianern und Gauchos geprägten Hinterland. Er verherrlicht die abendländische Zivilisation und sieht in der brutalen Diktatur des Juan Manuel de Rosas „den Triumph des Landes über die Stadt“. Vom wissenschaftlich verbrämten Rassismus seiner Epoche nicht ganz frei, ist Sarmiento in seinem Urteil über den Gaucho gespalten. Mal beschreibt er ihn als faul, stur und rückständig, dann wieder als tapfer, großmütig und gastfreundlich.

In Zillys großartiger Übersetzung führt Sarmiento den Leser in eine ferne Welt, in der nicht nur marodierende Banden, sondern auch Menschen fressende Jaguare die Pampa unsicher machen. Der Staatsterror der Rosas-Diktatur, den Sarmiento beschreibt, nimmt bereits Elemente der totalitären Diktaturen des 20. Jahrhunderts vorweg. „Barbarei und Zivilisation“ wurde zum Fanal gegen Rosas. Das Buch machte Sarmiento berühmt; später stieg er sogar zum Staatspräsidenten auf. Sein Werk hat viele spätere lateinamerikanische Schriftsteller beeinflusst. „Wer den Facundo nicht gelesen hat, der kennt Argentinien nicht, der kennt Lateinamerika nicht“, schreibt Zilly im Nachwort.

Literaturangaben:
SARMIENTO, DOMINGO FAUSTINO: Barbarei und Zivilisation. Das Leben des Facundo Quiroga. Ins Deutsche übertragen und kommentiert von Berthold Zilly. Eichborn, Frankfurt am Main 2007. 468 S., 32 €.

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