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Beinahe den Sinn des Lebens entdeckt: Jakob Heins neuer Roman

Von der Suche nach dem Glück und der Frage nach dem Sinn hinter den Dingen

© Die Berliner Literaturkritik, 09.10.08

 

Von Susanna Gilbert-Sättele

Da ist sie wieder, die große, alte Geschichte von der Suche nach dem Glück. Verbunden mit der Frage nach dem Sinn hinter den Dingen, nach den verborgenen Motiven der Menschen. Der in Leipzig geborene und in Berlin auch als Arzt praktizierende Schriftsteller Jakob Hein hat als Titel seines neuesten Buches ein Zitat aus Goethes „Faust“ gewählt: „Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht“. Damit deutet Hein auf den roten Faden, der sich durch das ganze Buch zieht: der Mensch auf der Suche nach dem Sinn des Lebens.

Ungewöhnlich ist vor allem der Aufbau des Werkes. Wie in einer russischen Matrjoschka-Puppe, in der immer weitere, immer kleinere Figuren stecken, schält sich aus der Rahmenhandlung eine neue Geschichte heraus, und aus dieser dann noch einmal eine andere. Drei verschiedene Erzählstränge werden schließlich verfolgt und miteinander verwoben.

Alles fängt damit an, dass eine Frau zufällig zu einem Mann ins Büro kommt. Seit dieser Boris Moser seine „Agentur für verworfene Ideen“ eröffnet hat, ist noch nie jemand anderes als er selbst durch die Eingangstüre getreten. Doch nun steht plötzlich Rebecca da, eine wunderschöne Frau. Schlagartig wird Boris klar, dass er diese Frau nie wieder gehen lassen darf. Um sie aufzuhalten und den Moment seines Glücks noch ein wenig andauern zu lassen, erzählt Boris ihr die Geschichte von Sophia, die wiederum zu der Geschichte von dem Wissenschaftler Heiner überleitet, der kurz davor stand, den Sinn des Lebens zu ergründen. Zum Schluss schließt sich der Kreis.

Die Verschachtelung der Geschichten mag sich etwas kompliziert und konstruiert anhören, beim Lesen allerdings sorgt sie für Spannung und erweist sich durchaus als gelungener Kunstgriff für immer neue, überraschende Wendungen. Das Buch umfasst zwar nur 174 Seiten, aber Jakob Hein gelingt es, alle Teil-, man könnte auch sagen: Kurzgeschichten, so zu entwickeln, dass sie den Leser unmittelbar und immer wieder neu in seinen Bann ziehen. Mit feinen, wohl gewählten Worten und durchzogen von leiser Komik deckt er die Beweggründe der verschiedenen Paare auf, von Boris und Rebecca, von Sophia und Sebastian, von Heiner und Wolf. Er spürt dem Leben dieser Menschen nach, ihrem Verhalten, ihren Sehnsüchten, und er lässt im Hintergrund sachte die Melodie anklingen, nach der sie tanzen. Dabei verliert er nie die Absurditäten des Lebens aus den Augen.

„Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht“ ist ein ruhiges, aber sehr unterhaltsames Buch, das auch in scheinbar belanglosen, kleinen Fragen des Alltags durchaus philosophische Ansätze erkennt und somit an vielen Stellen zum Nachdenken anregt. Hein, so kommentiert eine Leserin im Internet, „beweist, dass keine Geschichte mit der letzten Seite enden muss. Ein bisschen von ihr, wird in uns weiter erzählt.“

Literaturangaben:
HEIN, JAKOB: Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht. Piper Verlag, München/Zürich 2008. 174 S., 16,90 €.

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