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Berliner Druckgrafiken von 1570-1870

Dreihundert Jahre Berlin in Druckgrafiken

© Die Berliner Literaturkritik, 14.12.09

Von Wilfried Mommert

Dieses „Berliner Bilderbuch“  hat Gewicht und ist auch eine kleine Sensation: Der Doppelband „Die Stadt Berlin in der Druckgrafik 1570-1870“ ist eine bibliophile Kostbarkeit und gleichzeitig eine Fundgrube für jeden Liebhaber oder Kenner der
Berliner Stadtgeschichte. Sieben Kilo schwer und mit über 1500 Seiten will das „neue Standardwerk“, wie der Berliner Lukas-Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte seine Neuerscheinung stolz ankündigt, erstmals so umfassend die Werke der grafischen Künstler ihrer Zeit mit den von ihnen geschaffenen Berlin-Ansichten vorstellen, samt einem informativen Künstlerlexikon mit 560 Kurzbiografien der Zeichner, Stecher und Lithografen. Künstler als Zeitzeugen sozusagen, die allerdings ihre Werke selbst oft nicht datierten und deren Lebensdaten daher für diesen Band genau recherchiert wurden. Ein zweiter Band bis zum Jahr 2000 ist geplant.

Seit Friedrich Nicolai (1786) sei das Wissen über die Arbeit dieser künstlerischen Stadtchronisten nicht mehr systematisch festgehalten worden, heißt es im Vorwort des Doppelbandes. Berlin- Grafiken aus unterschiedlichen Epochen also auch als unschätzbare Zeitdokumente. Wer sich in diese Arbeit der Sammler Gernot Ernst und Ute Laur-Ernst vertieft, geht auf eine spannende Zeitreise und erlebt mit 4200  Grafiken und ausführlichen Erläuterungen eine lebendige Stadtgeschichte auch aus  kultureller und wirtschaftlich-sozialer Sicht. Die jetzt präsentierten Arbeiten stammen aus der brandenburgisch-preußischen Epoche, in der sich Berlin auf den Weg machte, sich von einer kurfürstlichen Residenzstadt langsam auch zu einem politischen Zentrum - 1871 wurde Berlin schließlich Hauptstadt des Deutschen Kaiserreiches - und beachteten europäischen Kulturzentrum zu „mausern“.

Dass Berlin vor allem auch immer eine Stadt der Veränderung war, dokumentieren viele der hier festgehaltenen Stadtansichten aus früheren Jahren. Da gibt es die Stüler-Zeichnung über „den neuen Dom in Berlin“ von 1865 gegenüber dem Schloss als Entwurf, der nie realisiert wurde. Stattdessen wurde anstelle des - immerhin von
Schinkel - umgebauten Vorgängerbaus an der Schwelle zum 20. Jahrhundert ein wilhelminischer Prunkbau als Hofkirche der Hohenzollern errichtet, die auf den Wiederaufbau des benachbarten Schlosses als städtebauliches Pendant noch eine Weile warten muss. Von 1862 stammt der Aquarell-Blick von Eduard Gaertner in die monumentale Säulenhalle mit dem Pharao in der Ägyptischen Abteilung des Neuen Museums, das nach den Kriegszerstörungen im vergangenen Oktober auf der Berliner Museumsinsel gerade erst wiedereröffnet worden ist.

Die Bilder zeigen das Auf und Ab vieler bedeutender Berliner Häuser wie zum Beispiel das Palais des Prinzen Heinrich Unter den Linden (die Stadtresidenz des Bruders Friedrich des Großen), in dem 1809/10 die Berliner Universität gegründet wurde, die seit 1949 Humboldt-Universität heißt. Aber natürlich geht es auch um viel „profanere“ Stadtbilder, um das „Innenleben“ der Metropole – wer wohnte wo, und was geschah in den abgebildeten Häusern? Reizvoll ist auch die „Suchbildfrage“, ob der jeweilige Künstler wirklich die in Stein gemauerte Architektur abgebildet oder eher das idealisierte Wunschbild eines Ortes erfunden und dabei womöglich auch noch alte Vorbilder „abgekupfert“ hat.

Der Doppelband ist natürlich auch ein fundierter Quellenschatz für Architekten, Denkmalschützer und Stadthistoriker zum Beispiel auch bei Stadtrekonstruktionsprojekten in der alten neuen deutschen Hauptstadt. Beigetragen haben dazu auch die Schätze der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit ihrer Staatsbibliothek und ihrem Kupferstichkabinett und ein Mann wie der Berliner Verleger Dieter Beuermann, dem früheren Eigentümer der Berliner Nicolaischen Verlagsbuchhandlung und damit auch ein ausgewiesener Kenner der Materie dieses opulenten Druckgrafik-Bandes.

Literaturangabe:

ERNST, GERNOT / LAUR-ERNST, UTE: Die Stadt Berlin in der Druckgrafik. Band I: 1570-1870. Lukas Verlag, Berlin 2009. Zwei Teilbände, insgesamt 1539 S., Subskription bis Ende 2009: 190 €, danach 240 €.

Weblink:

Lukas Verlag

 


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