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Bildatlas „Der menschliche Körper“

Steve Parkers mediale Annäherung an das Wunder „Mensch“

© Die Berliner Literaturkritik, 25.06.09

„Es gibt nahezu 7 Milliarden Menschen. Mehr als 250 Babys werden jede Minute geboren, während 150 000 Menschen täglich sterben, und die Weltbevölkerung vermehrt sich um fast 150 Menschen pro Minute. Jeder einzelne von ihnen lebt, denkt und träumt mit und in seinem kostbarsten Besitz — dem menschlichen Körper. Ein Merkmal dieses Körpers ist seine immerwährende Neugier auf sich selbst.“ Wie es um diese Neugier bestellt ist, die man auf ein Minimum an Körpergefühl reduziert sieht, deckt Steve Parker eher beiläufig auf. Denn mit dem hier vorliegenden Atlas des menschlichen Körpers ermöglicht der Autor jedem Leser die profunde Auseinandersetzung mit seinem eigenen Körper. Schon das beeindruckende Faktengeleit stimmt auf Parkers Exkurs in die anatomischen Weiten des menschlichen Körpers ein und bald erkennt man, dass die Kenntnisse aus dem Biologieunterricht verschwimmen und allenfalls zum Lösen von Kreuzworträtseln taugen. Da kommt es sehr gelegen, dass mit Steve Parker endlich wieder ein Autor an die Errungenschaften der Schulmedizin glaubt, statt mit homöopathischen Querverweisen zu irritieren.

Auf verschiedenste Weise erweckt nun der hier vorliegende „Atlas“ die angeblich angeborene Neugier des Menschen auf sich selbst. Im 3D-Format wartet die Lektüre auch mit umfangreichem Bild- und Kartenmaterial auf. Zahlreiche Farbabbildungen und mikroskopische Aufnahmen staffieren diesen Band aus und liefern zugleich Erkenntnisse auf neuestem Forschungsstand. „Solches Material hätte ich mir für die eigenen Studienjahre gewünscht“, sinniert der Autor und Mediziner Parker. Das vorliegende Anatomiebuch erweist demnach sowohl erfahrenen, medizinisch versierten Lesern als auch neugierigen Laien beste Dienste. Der Atlas macht es sich zur Aufgabe, anschaulich und verständlich Einblicke in die anatomisch-physiologischen Grundlagen unseres Organsystems zu gewähren. Dabei weist die systematische und chronologische Anordnung das Buch „Der menschliche Körper“ als ein modernes Nachschlagewerk aus.

Nachdem der Leser sein Wissen über Struktur, Aufbau und Funktionen gefestigt hat, informiert der Mittelteil über häufige Erkrankungen des Organismus. Vor allem Störungen des Herz-Kreislauf-Systems und Krebserkrankungen werden in diesem Abschnitt näher betrachtet. Der Autor stellt sich, indem er auf solche Zivilisationskrankheiten genauer Bezug nimmt, einem großen gesellschaftlichen Problem und eröffnet eine spannende Diagnostik dieser Erkrankungen. Stress- und ernährungsbedingte Dysfunktionen werden in Hinblick auf spezielle moderne Behandlungswege, wie beispielsweise die Angioplastie, ausführlicher besprochen. Insgesamt finden über zweihundert häufig auftretende Krankheiten Erwähnung. Abschließend geht Steve Parker sowohl auf die Fortpflanzung als auch auf die Geburt näher ein. Erneut wahrt der Autor seine chronologische Darstellungsweise und erklärt zunächst die fortpflanzungsrelevanten Organe, bevor er sich der Schwangerschafts- und Geburtsabläufe widmet und letztlich auch hier die häufigsten und schwersten Störungen aufzeigt.

Der Atlas bietet im Unterschied zum herkömmlichen Lehrbuch einerseits umfassenderes Bildmaterial sowie eine punktuelle Vertiefung in spezielle Themengebiete. Andererseits bleibt eine gründliche Untersuchung aller medizinischen Themenbereiche aber vorbehalten. Steve Parkers Anatomieatlas regt also tatsächlich die von ihm eingangs erhoffte, natürliche Neugier an und bietet dem Interessierten optimale Orientierung und Navigation. Eine umfassende Antwort auf alle gestellten Fragen muss er schuldig bleiben. Mit der zugehörigen DVD sowie verschiedenen Animationsfilmen und Fotomaterial offeriert der Atlas jedoch eine zeitgemäße Ergänzung zum reinen Text. Die wichtigsten Organsysteme werden auf diese Art und Weise nochmals aus einem völlig neuen Blickwinkel betrachtet, wobei der technische Fortschritt unserer Vorstellungskraft auf die Sprünge hilft. Mittels Computersimulationen kann eine virtuelle Fahrt durch Blut- und Nervenbahnen unternommen werden. Diese einmalige Optik und die Geräuschkulisse eröffnen vollkommen neue Perspektiven und eine andere, spannende Sicht auf den komplexen „Mechanismus Mensch“. Steve Parkers Atlas eignet sich aus diesem Grund besonders für junge Leser, die sich erstmalig mit bestimmten Fragen konfrontiert sehen.

Obwohl Steve Parker studierter Zoologe ist, führt dieser Atlas in Zusammenarbeit mit dem Experten Robert Winston und den Fachberatern Sue Davidson und Penny Preston sämtliche Details des menschlichen Organismus akribisch auf. Alle Mitarbeiter taten sich bereits durch zahlreiche Publikationen hervor und wurden für viele Projekte ausgezeichnet. Der Anatomieatlas ist im Verlag Dorling Kindersley erschienen und gehört in eine Publikationsreihe, zu der außerdem die Enzyklopädie „Der Mensch“ des bereits erwähnten Robert Winston und das bekannte Kinderbuch “Warum ich bin, wie ich bin“ zählen. Wenigstens ist so technisch und medial eine Annäherung an unseren Leib möglich geworden. Inwiefern eine authentische Begegnung und bewusste Neugier nachfolgt, bleibt allerdings abzuwarten.

Von Stephanie Tölle

Literaturangabe:

PARKER, STEVE: Der menschliche Körper. Neuer Bildatlas der Anatomie. Dorling Kindersley, München 2008. 256 S. mit über 600 3D-Grafiken u. Abb., 300 Fotos, inkl. CD-Rom, 34,95 €.

Weblink:

Dorling Kindersley


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