BERLIN(BLK) - Der Schriftsteller Peter Handke soll laut einer neuen Biografie den bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic kurz vor dessen knapp zwölfjähriger Flucht im Dezember 1996 getroffen haben. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag bereits Haftbefehl gegen Karadzic erlassen. Das schreibt der Germanist Malte Herwig in seiner Biografie „Meister der Dämmerung“ (Deutsche Verlags-Anstalt, München) über den 67-jährigen Handke. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ druckt daraus an diesem Freitag einen Auszug.
Der Besuch bei Karadzic sei für ihn „ganz selbstverständlich“ gewesen. „Man will die Geschichte ja verstehen“, wird Handke in der Biografie zitiert. „Das würde ich jederzeit wieder machen.“ Handke habe die Berichte über die Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien angezweifelt, schreibt Herwig. Den Dichter habe die Frage beschäftigt, ob der ausgebildete Psychiater Karadzic nicht nur ein mutmaßlicher Kriegsverbrecher, sondern tatsächlich der durchgedrehte „Dr. Seltsam“ war, als den ihn die Medien darstellten.
Karadzic ist seit Juli 2008 in den Niederlanden in Haft. Er muss sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag unter anderem wegen Völkermords und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. Der österreichische Schriftsteller Handke hat immer wieder mit pro-serbischen Äußerungen heftige Kontroversen ausgelöst. Bei der Beerdigung der früheren Präsidenten Jugoslawiens Slobodan Milosevic im April 2006 hielt Handke eine Grabrede. (bal/dpa)