Von Thomas Strünkelnberg
Sie führte ein Leben, das sich merkwürdig leicht wegwerfen ließ: Erst zwei Selbstmordversuche, dann am Ende der gemeinsame Selbstmord Eva Brauns mit Adolf Hitler. Lässt sich mehr über die Freundin und ganz zum Schluss die Ehefrau des Diktators sagen? Die Historikerin Heike Görtemaker versucht es, um damit auch ein neues Licht auf Hitler selbst zu werfen - doch am Ende steht vor allem eines fest: Es gibt so gut wie keine verlässlichen Quellen.
Wer sich möglicherweise fragt, was sich im Schlafzimmer der Hitlers abspielte, wird enttäuscht werden. Klar ist, dass Hitler und Eva Braun Lebensgefährten waren. Mehr kann auch die neue Biografie Görtemakers „Eva Braun. Leben mit Hitler“ nicht enthüllen. Zwar schreibt die Autorin, das Leben Eva Brauns mit Hitler gewähre „einen tiefen Einblick in die im NS-Staat sorgsam verborgene und offiziell geleugnete private Existenz des Diktators“. Spektakulär ist dabei aber vor allem, wie sehr Eva Braun dem Diktator verfallen war: „Wenn ihm etwas zustößt, sterbe ich auch“, sagte sie schon 1939.
Abgesehen von ihrer Bereitschaft, für Hitler und gemeinsam mit Hitler zu sterben, lässt sich nur wenig über Eva Braun sagen. Sie fotografierte gerne, im Fotogeschäft Heinrich Hofmanns lernte sie Hitler 1929 denn auch mit 17 Jahren kennen. Sie verfiel dem österreichischen Charme des Nazis, der sie allerdings oft miserabel behandelte und links liegen ließ. Erst nach ihrem zweiten Selbstmordversuch 1935 ließ er größere Nähe zu. Und das, obwohl er schon früh verkündet hatte, seine Braut sei Deutschland. Eva Braun ertrug alles - und tat alles, um sich Hitler gewogen zu halten.
Eva Braun war „weder Haufrau noch Mutter, wollte es höchstwahrscheinlich auch nicht sein - und entsprach gerade dadurch den Bedürfnissen des 23 Jahre älteren, bindungsscheuen, mit schrulligen Lebensgewohnheiten behafteten Hitler“, schreibt Görtemaker. Außerdem war sie sportlich und unterschied sich grundlegend von dem in der Nazi-Propaganda verbreiteten Frauenbild.
War sie wirklich der historisch bedeutungslose, blasse Schatten Hitlers, zu dem Zeitgenossen und Historiker sie machten? Es lässt sich kaum belegen, die Quellenlage ist dünn. Zeitzeugen aus der Entourage Hitlers sind wenig verlässlich, schließlich ging es ihnen nach dem Krieg immer zuerst darum, die eigene Rolle an der Seite Hitlers herunterzuspielen. Immerhin räumt Görtemaker mit der verbreiteten Legende auf, Politik habe im innersten Kreis um Hitler keine Rolle gespielt. Eine unpolitische Frau war Eva Braun also gewiss nicht, trotz des gängigen Bildes von ihr.
Görtemaker sieht in ihr eine „kapriziöse, kompromisslose Verfechterin der unbedingten Treue gegenüber dem Diktator“. Ob sie sich deswegen mit politischen Äußerungen zurückhielt? Ungeklärt bleibt auch die Frage, ob sie vom Holocaust wusste. Immerhin sagte Hitler einmal, er habe nur einen Menschen, der ihm in entscheidender Stunde die letzte Treue halte: Eva Braun.
Literaturangaben:
GÖRTEMAKER, HEIKE B.: Eva Braun. Leben mit Hitler. Verlag C.H. Beck, München 2010. 366 S., 24,95 €.
Weblink: