FRANKFURT/a. MAIN (BLK) – Im Juli 2010 hat der S. Fischer Verlag den 3. Band der „House of Night“-Serie der amerikanischen Autorinnen P.C.Cast und Kristin Cast herausgegeben. Christine Blum hat „Erwählt“ aus dem Amerikanischen übersetzt.
Klappentext: Dunkle Mächte sind im House of Night am Werk und Zoeys Erlebnisse im Internat nehmen eine rätselhafte Wendung. Zoeys beste Freundin Stevie Rae ist untot und versucht mit aller Macht, ihre Menschlichkeit nicht vollends zu verlieren. Und Zoey hat keine Ahnung, wie sie ihr dabei helfen kann, aber sie spürt, dass alles, was sie und Stevie Rae herausfinden vor den anderen im House of Night geheim gehalten werden muss. Denn plötzlich scheint es keinen mehr zu geben, dem sie wirklich vertrauen können. Als es kaum noch schlimmer kommen kann, werden Leichen gefunden: ermordete Vampyre! Aber Zoey findet heraus, dass nichts so ist wie es scheint...
„Erwählt“ ist der dritte Band der „House of Night"- Serie, in der Zoey als Jungvampyrin auf die bislang härteste Probe gestellt wird.
P.C. Cast und Kristin Cast sind das erfolgreichste Mutter-Tochter-Autorengespann weltweit. Sie leben beide in Oklahoma, USA. „House of Night" erscheint in über 40 Ländern und hat weltweit Millionen von Fans.
Leseprobe:
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Eins
„Jep, mein Geburtstag ist einfach total ätzend“, erklärte ich meiner Katze Nala. (Okay, eigentlich ist sie weniger meine Katze als ich ihre Person. Man weiß ja, wie das ist – Katzen haben keine Besitzer, sondern Personal … Aber das verdränge ich meistens.)
Also, jedenfalls textete ich meine Katze weiter zu, als würde sie mir gespannt an den Lippen hängen, was so überhaupt nicht stimmte. „Aber das hier ist schon das siebzehnte Mal. Jeden verdammten vierundzwanzigsten Dezember. So langsam hab ich mich daran gewöhnt. Macht mir gar nichts mehr aus.“ Mir war klar, dass ich das hauptsächlich sagte, um mich selber zu überzeugen. Nalas einziger Kommentar war in gelangweiltes, rantiges „Mi-ie-ef-au“, dann streckte sie ein Bein in die Höhe und leckte sich den Intimbereich. Ziemlich eindeutig also, was sie von meinem Geschwafel hielt.
„Es ist nämlich so“, fuhr ich fort, während ich dezent Kajal auftrug. (Und damit meine ich dezent – dieser Schaut-mich- n-ich-wär-so-gern-ein-Waschbär- Look ist nicht mein Stil. Oder vielmehr gar kein Stil.) „Ich werde tausend gut gemeinte Geschenke kriegen – aber kein einziges Geburtstagsgeschenk. Sondern irgendwelchen Weihnachtskram, weil die Leute meinen Geburtstag immer mit Weihnachten in einen Topf schmeißen wollen, aber das klappt nun mal leider überhaupt nicht.“ Im Spiegel trafen sich meine Augen mit Nalas. „Aber wir machen eben gute Miene zum bösen Spiel und tun so, als fänden wir die blöden Weihnachtsgeschenke toll, weil die Leute einfach nicht kapieren, dass man einen Geburtstag und Weihnachten nicht einfach so zusammenlegen kann. Jedenfalls nicht erfolgreich.“
Nala nieste.
„Genau meine Meinung. Aber wir sind fein still, denn wenn wir was sagen, machen wir’s nur noch schlimmer. Dann haben wir nicht nur doofe Geschenke, sondern auch noch lauter beleidigte Leute, und die Stimmung ist völlig im Eimer.“
Nala sah nicht überzeugt aus. Also wandte ich meine gesamte Aufmerksamkeit meinem Spiegelbild zu. Eine Sekunde lang dachte ich, ich hätte es doch übertrieben mit dem Kajal, aber als ich genauer hinsah, merkte ich, dass es nicht an so etwas Banalem wie dem Kajal lag, dass meine Augen so groß und dunkel wirkten. Auch wenn es schon zwei Monate her war, dass ich Gezeichnet worden war und meine Wandlung zum Vampyr begonnen hatte, verblüfften mich das saphirblaue Mondsichel-Tattoo zwischen meinen Augenbrauen und das filigrane Band verschnörkelter Ornamente, das sich um mein Gesicht zog, immer wieder. Ich fuhr mit der Fingerspitze eine der tiefblauen verschlungenen Spirallinien nach. Ohne nachzudenken zog ich den schon ziemlich weiten Ausschnitt meines schwarzen Pullovers noch weiter hinunter, so dass meine linke Schulter frei lag. Mit einem raschen Kopfschwung warf ich mein langes dunkles Haar zurück, um das außergewöhnliche Muster zu begutachten, das an meinem Halsansatz begann und sich über beide Schultern und die Wirbelsäule bis hinunter zum Kreuz erstreckte. Wie jedes Mal durchzuckte mich beim Anblick der Tattoos fast ein elektrischer Strom teils vor Staunen, teils vor Furcht.
„Du bist nicht wie alle anderen“, flüsterte ich meinem Spiegelbild zu. Dann räusperte ich mich und fügte übertrieben forsch hinzu: »Und hey, es ist total okay, nicht wie alle anderen zu sein.« Sofort verdrehte ich die Augen über mein Theater. »Ach, was soll’s.« Ich schaute nach oben und war fast überrascht, dass sie nicht zu sehen war. Denn spüren konnte ich sie ganz deutlich, die fette schwarze Wolke, die schon einen Monat lang über meinem Kopf schwebte. „Himmel, ein Wunder, dass es nicht pausenlos auf mich runterregnet. Wär doch fantastisch für meine Haare!“, erklärte ich meinem Spiegelbild sarkastisch. Dann nahm ich seufzend den Umschlag, den ich auf meinen Schreibtisch gelegt hatte. FAMILIE HEFFER stand in Golddruck als Absenderadresse auf der Rückseite. „Wenn wir schon bei deprimierenden Sachen sind …“, murmelte ich.
Nala nieste noch einmal.
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Literaturangabe:
CAST, KRISTIN, CAST, P.C.: House of Night 3: Erwählt. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Christine Blum. S. Fischer Verlag, Frankfurt/a.Main. 448 S., 16,95 €.
Weblink:
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