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Brasilianische Geschichte

Frances de Pontes Peebles begeistert mit ihrem Debüt

© Die Berliner Literaturkritik, 02.05.10

BERLIN (BLK) – Im Oktober 2009 ist die Taschenbuchversion des Debütromans „Die Schneiderin von Pernambuco“ von Frances de Pontes Peebles beim Berlin Verlag erschienen. Stefanie Röder hat die Familiensaga ins Deutsche übersetzt.

Klappentext: Die Schwestern Emília und Luzia dos Santos, aufgewachsen in dem Dorf Taquaritinga im nordbrasilianischen Staat Pernambuco, sind sehr unterschiedlich, und schon früh trennen sich ihre Lebenswege: die kokette Emília erfüllt sich den Traum vom Leben in der Stadt, allerdings um den Preis eines langweiligen Ehelebens mit einem Arztsohn in der Hauptstadt Recife. Die fromme Luzia brennt mit einer Bande Cangaceiros durch, die raubend und mordend über Land zieht, während sie auf einer Singer-Nähmaschine die Kleidung für die Männer näht. Als sie den Anführer, den „Falken“, heiratet, gerät ihr Leben mehr und mehr in Gefahr. Emília, die durch Vermittlung eines Landarztes Luzias Sohn adoptiert, versucht verzweifelt, mit ihr in Kontakt zu treten, um sie zu retten. Ein epischer Roman, der die extremen gesellschaftlichen Verhältnisse in der brasilianischen Gesellschaft der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschreibt: das urbane Leben einer aufstrebenden Bürgerschicht und das gesetzlose Treiben einer Bande, die gegen die Ausbeutung der Landbarone kämpft. Ein Leseerlebnis voller Liebe, Mut und Abenteuer in der reichen und kraftvollen Erzähltradition Südamerikas.

Die gebürtige Brasilianerin Frances de Pontes Peebles lebt heute in Chicago. Sie hat an der University of Texas, Austin, studiert und seither zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. (ros)

 

Leseprobe:

©Berliner Taschenbuchverlag©

Prolog Recife, Brasilien 14. Januar 1935

Emília erwachte allein. Sie lag in dem grossen alten Bett, das einst das Brautbett ihrer Schwiegermutter gewesen und nun ihr eigenes war. Es war karamellfarben, und in das riesige Kopf- und Fussbrett waren Trauben von Cashewfrüchten eingeschnitzt. Fleischig und glockenförmig traten sie aus dem Palisanderholz hervor und wirkten so glatt und echt, dass sich Emília an den ersten Abenden in diesem Bett vorgestellt hatte, sie würden über Nacht reifen – die hölzerne Schale wäre am Morgen rötlich gelb und das feste Fruchtfleisch weich und duftend. Nach einem Jahr bei den Coelhos hatte Emília solche kindischen Vorstellungen abgelegt. Draussen war es dunkel, die Strasse still. Das weisse Haus der Coelhos war das grösste von all den neu gebauten Anwesen auf der Rua Real da Torre, einer erst seit kurzem gepflasterten Strasse, die von der alten Capunga-Brücke bis hinaus ins unbesiedelte Sumpfland führte. Emília erwachte stets vor Sonnenaufgang, bevor die Hausierer mit ihren quietschenden Karren in Recifes Strassen einfielen und ihre Stimmen wie die Schreie sonderbarer Vögel zu Emílias Fenster hinaufdrangen. In ihrem alten Zuhause auf dem Land hatte sie beim Aufwachen Hahnenkrähen gehört, die geflüsterten Gebete ihrer Tante Sofia und vor allem den gleichmässigen, heissen Atem ihrer Schwester Luzia an ihrer Schulter. Als Mädchen hatte Emília das Bett nicht gern mit ihrer Schwester geteilt. Luzia war zu gross und stiess mit ihren langen Beinen das Moskitonetz auf. Sie nahm ihr die Decke weg. Tante Sofia hatte kein Geld für zwei einzelne Betten und meinte, es sei gut für die Mädchen, den Schlafplatz zu teilen. So würden sie lernen, wenig Platz zu beanspruchen, sich vorsichtig zu bewegen und ruhig zu schlafen – kurzum, gute Ehefrauen zu werden. In den ersten Tagen ihrer Ehe war Emília auf ihrer Bettseite geblieben und hatte keine Bewegung gewagt. Degas beschwerte sich, sie sei zu warm, habe zu kalte Füsse und atme zu laut. Nach einer Woche wanderte er über den Flur und kehrte zu den behaglichen Laken und der schmalen Matratze seines Kindheitsbettes zurück. Emília gewöhnte sich schnell daran, allein zu schlafen; sie streckte sich aus und nahm das ganze Bett in Beschlag. Ihr Schlafzimmer teilte sie nur mit einem Mann, der in der Ecke schlief, in einer Krippe, die für seinen wachsenden Körper schnell zu klein wurde. Mit drei Jahren berührten Expeditos Hände und Füsse beinahe die hölzernen Gitterstäbe der Krippe. Eines Tages, so hoffte Emília, würde er ein richtiges Bett in seinem eigenen Zimmer haben, aber nicht hier. Nicht im Haus der Coelhos.

©Berliner Taschenbuchverlag©

Literaturangabe:

PEEBLES, FRANCES DE PONTES: Die Schneiderin von Pernambuco. Berlin Verlag, 2009. 768 S, 13,95 €.

Weblink:

Berlin Verlag


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