BERLIN (BLK) – Kaum hat das Jahr begonnen, schon lässt die deutsche Verlagslandschaft mit neuen Büchern bekannter literarischer Größen aufhorchen. Allen voran der Suhrkamp Verlag: Mit dem amtierenden Bachmann-Preisträger Lutz Seiler („Turksib. Zwei Erzählungen“) sowie den Altmeistern Peter Handke (Erzählung „Die morawische Nacht“) und Hans Magnus Enzensberger („Hammerstein oder Der Eigensinn. Eine deutsche Geschichte“) schickt er bereits im Januar drei renommierte Autoren ins Rennen um die Gunst des Publikums. Und im Februar wird im gleichen Verlagshaus Albert Ostermaier mit „Zephyr“ als Romancier debütieren.
Auch lohnt sich zu Jahresbeginn ein Blick in den Nordwesten: In Bremen wird am 28. Januar dem Autor Hans-Joachim Schädlich der mit 20.000 Euro dotierte Bremer Literaturpreis verliehen. Den bekommt er für seinen 2007 bei Rowohlt erschienenen Erzählungsband „Vorbei“, für den er bereits den Preis der SWR-Bestenliste 2007 einheimste. Während der Verleihung an der Seite des 72-jährigen gebürtigen Vogtländers, der 1977 von der DDR in den Westen emigrierte: Thomas Melle (32). Er erhält den 6000 Euro schweren Förderpreis für sein Roman-Debüt „Raumforderung“, das er im vorigen Jahr bei Suhrkamp vorlegte.
In der Hansestadt an der Weser wird Melle zwei Tage zuvor einen nicht-öffentlichen Literatur-Workshop leiten. Die Veranstaltung gehört zur 32. Bremer Literarischen Woche. Zu Gast sind unter anderem Tanja Dückers und Sasa Stanisic. Zeitgleich findet ganz in der Nähe die 25. Bremerhavener Literarische Woche statt. Dort werden neben Hans Joachim Schädlich auch Wilhelm Genazino, Sibylle Lewitscharoff, Katja Lange-Müller, Ulrich Peltzer oder John von Düffel zu Lesungen erwartet.
Wer hingegen außerhalb eines gemütlichen Leseabends den Pfaden deutschsprachiger (speziell: Berliner) Autoren folgen will, der kann dies seit dem 1. Januar 2008 auf dem Online-Portal www.literaturport.de tun. Schriftsteller(innen) wie Judith Hermann, Julia Franck, Ingo Schulze, Tanja Dückers, Elke Schmitter oder Tilman Rammstedt haben sich in Begleitung eines Fotografen zu Berliner Schauplätzen aufgemacht, die ihnen etwas bedeuten. Ihre „LiteraTouren“ werden als bebilderte Texte mit einer Karte auf dieser Website dokumentiert.
Interessierte können auf den Spuren der Autoren die 4-8-stündigen Spaziergänge nachgehen. Ab dem 1. Januar machen Thilo Bock, Bas Böttcher und Tilman Rammstedt den Anfang. Andere Literaten folgen nach und nach. Die Spaziergänge weisen unterschiedliche Schwerpunkte aus. So führt Tilman Rammstedt durch das Nachtleben des Prenzlauer Berges, Bas Böttchers Wege kreuzen brachliegende Fabrikhallen, Thilo Bock zeigt Berliner Lesebühnen, und Tanja Dückers widmet sich dem Thema Schokolade. Die Idee für das Projekt stammt vom LCB-Geschäftsleiter Ulrich Janetzki.
Ebenfalls neu am Start und aus Berlin: Der private Fernsehsender Lettra, der sich ausschließlich dem Thema Bücher widmet. Zu empfangen über Satellit im Portfolio von Premiere Star sowie einigen weiteren Pay-TV-Plattformen. Ziel ist es, die gesamte Bandbreite zum Thema zu nutzen. Lettra bedient verschiedenste Formate von der Live-Show über Literaturverfilmungen und Porträts bis hin zu Service-Magazinen wie „So geht’s“, wo zum Beispiel Sachbücher einem Alltagstest unterzogen werden.
Im Februar könnte Carolin Emckes frischer Band „Stumme Gewalt. Eine persönliche Geschichte der RAF“ für Furore sorgen. Das Buch erscheint am 12. Februar im S. Fischer Verlag, zeitgleich mit Clemens Meyers neuem Roman „Die Nacht, die Lichter. Stories“. Klar, dass sich der 30-jährige Leipziger mit seinen Erzählungen auf Lesetour begibt. Unter anderem macht er kurz darauf in Dresden, Hamburg, Köln und Leipzig Station.
Apropos Leipzig: Im März steht der hiesige Literaturbetrieb dann wieder ganz im Zeichen der Leipziger Buchmesse (13.-16. März 2008). Schwerpunkt-Land ist in diesem Jahr Kroatien.
„Der Anmeldestand sowohl bei den Ausstellern als auch bei der Fläche liegt deutlich über dem des vergleichbaren Vorjahreszeitpunktes“, verkündete Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse, bereits im November 2007. Erwartet werden mehr als 2300 Aussteller. Hauptgrund dafür sind mehr Anmeldungen kleiner und unabhängiger Verlage.
Pünktlich zu diesem Großereignis haben auch Martin Walser („Ein liebender Mann“, Rowohlt) und Feridun Zaimoglu („Liebesbrand“, KiWi) ihre neuen Publikationen auf dem Markt. Im April ziehen Peter Rühmkorf („Paradiesvogelschiß“, Rowohlt), Marcel Beyer („Kaltenburg“, Suhrkamp) und Gerhard Falkner („Bruno“, Berlin Verlag) nach. Im Sachbuch-Segment versprechen W.J.T. Mitchells „Bildtheorie“ und eine kritische Werk-Ausgabe Walter Benjamins (beide aus dem Hause Suhrkamp) oder Alena Wagnerovas „Die vergessenen Deutschen. Sudetendeutsche Schicksale 1935-1939“ (Aufbau Verlag) spannende Einblicke.
Dem Schriftsteller Rolf Dieter Brinkmann (1940-1975), berühmtester und gleichzeitig umstrittenster Sohn der Stadt Vechta/Niedersachsen, soll in seiner Heimatstadt eine Skulptur gewidmet werden. Zur Vorbereitung ist im April die Eröffnung einer Ausstellung unter dem Titel „Plädoyer für einen unbequemen Dichter“ geplant. Hier werden neben dem Entwurf der Skulptur großflächige Bild-Text-Tafeln zu Brinkmanns Werk und Person präsentiert, um der Öffentlichkeit die Aktualität seines Schaffens zu vermitteln.
Im Mai rücken jüngere Autoren in den Blickpunkt: Mit dem Fokus auf „Poesie und Position“ erforscht das PROSANOVA-Festival in Hildesheim auf über 25 Veranstaltungen die Literatur junger Autoren. Vom 22.-25. Mai 2008 gibt es Texte, Gespräche und Tanz rund um die deutschsprachige Gegenwartsliteratur.
Ob es hingegen zu einer zweiten Auflage des LAN-Festivals kommt, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Im Vorjahr hatte das kook label Ende Mai gemeinsam mit den Literatur-Magazinen EDIT und GOLD im HAU 2 in Berlin unter dem Motto „Drei Tage junge Literatur und Musik“ eine fast 30-köpfige illustre Schar junger Autoren und Musiker versammelt. Unter anderem gaben sich Jan Böttcher, Jörg Albrecht, Antje Rávic Strubel, Sasa Stanisic, Uljana Wolf, Bernadette La Hengst und Britta live die Ehre.
Feste Programmpunkte im Literaturjahr der Hauptstadt sind das poesiefestival berlin und das internationale literaturfestival berlin (ilb). Das poesiefestival widmet sich 2008 vorrangig dem Portugiesischen. Vom 5. bis 13. Juli wird in der Akademie der Künste Poesie in Verbindung mit Performance, Musik, Tanz und Medienkunst gezeigt. Mit dabei sind neben anderen Serhiy Zhadan (Ukraine), Tomaž Šalamun (Slowenien) sowie der brasilianische Dichter, Musiker und Bildende Künstler Arnaldo Antunes. Das ilb wird seinerseits vom 23. September bis 4. Oktober 2008 wieder mit jeder Menge hochkarätiger Autoren aus aller Welt aufwarten. Und im November werden zum 16. Open Mike erneut talentierte Nachwuchs-Literaten zum Live-Vortrag ihrer unveröffentlichten Texte erwartet.
Im Oktober schaut die deutsche Bücherwelt wie immer nach Frankfurt am Main, wo die Frankfurter Buchmesse vom 15.-19. Oktober die Türkei als Gastland präsentiert. Mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und dem Deutschen Buchpreis werden in diesem Rahmen wieder die zwei wohl bedeutendsten Auszeichnungen für Autoren hierzulande vergeben.
Die Verlage halten sich mit geplanten Publikationen für die zweite Jahreshälfte 2008 zum jetzigen Zeitpunkt bedeckt. Der Suhrkamp Verlag hat für den Herbst eine Publikation über den Briefwechsel zwischen Adorno und Siegfried Kracauer angekündigt. Rowohlt will im Oktober unter anderem mit Dietrich Grönemeyers „Grönemeyers neues Hausbuch der Gesundheit“, Paul Austers „Mann im Dunkel“ und Heinz Strunks „Die Zunge Europas“ eine breite Leserschaft erobern.
Last, but not least: Der UNESCO-Welttag des Buches fällt 2008 auf den 17. April und hält auch in Deutschland viele Veranstaltungen für Große und Kleine rund um den Lesestoff parat.