KARLSRUHE (BLK) – Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine weitere Klage gegen den inzwischen verbotenen Roman „Esra“ von Maxim Biller abgewiesen. Das Karlsruher Gericht lehnte einen eigenen Unterlassungsanspruch der Mutter von Billers Ex-Freundin ab. Sie war im Roman als herrschsüchtige, psychisch kranke Alkoholikerin Lale geschildert worden und sah sich dadurch diffamiert. In diesem Fall habe die Kunstfreiheit Vorrang, befand der BGH.
Für das Buch hat das Urteil keine Konsequenzen mehr, weil das Bundesverfassungsgericht im Oktober 2007 dessen Erscheinen bereits untersagt hatte. Das stark autobiografische Werk verletzte demnach das Persönlichkeitsrecht von Billers früherer Lebensgefährtin, weil sie eindeutig in der Romanfigur „Esra“ erkennbar war und der Roman intimste Details zwischen der Romanfigur und dem Ich-Erzähler Adam schilderte.
Allerdings ist beim Landgericht München I noch eine 50.000-Euro-Entschädigungsklage der Mutter anhängig. Ihre Aussichten, dort Erfolg zu haben, dürften nach der Niederlage in Karlsruhe gesunken sein. Laut BGH ist die Figur der Lale sehr viel stärker verfremdet als die der Esra, weshalb die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Mutter weniger schwerwiegend sei. (Az: VI ZR 252/07 vom 10. Juni 2008)
Damit neigt sich der jahrelange Rechtsstreit um den 2003 im Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienenen Roman dem Ende zu. Land- und Oberlandesgericht in München hatten das Erscheinen des mehrfach entschärften Buches zunächst untersagt. Der BGH hatte diese Entscheidung im Jahr 2005 bestätigt, wurde aber vom Verfassungsgericht teilweise revidiert: Der Mutter gestanden die Verfassungsrichter keinen eigenen Anspruch zu, obwohl sie ebenfalls erkennbar und zudem äußerst negativ dargestellt war.
BGH-Vizepräsidentin Gerda Müller deutete in der Verhandlung am Dienstag (10. Juni 2008) bereits an, dass ihrem Senat nach dem höchstrichterlichen Spruch nicht mehr viel Spielraum bleibe. Der Kläger-Anwalt Axel Kortüm erhob dagegen schwere Vorwürfe gegen Biller: Die gezielte negative Verfremdung seiner Mandantin in dem Roman sei ein deutliches Zeichen dafür, „dass es sich um eine Abrechnung mit der Klägerin handelt“. (dpa/wip)
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