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Cate Blanchett als Regisseurin bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen

Bei der Premiere in einem alten Industriedenkmal applaudierte das Publikum begeistert

© Die Berliner Literaturkritik, 09.05.08

 

Von Ulrich Fischer

MARL (BLK) – Die Ruhrfestspiele werben in diesem Jahr mit internationalem Glamour. Nachdem zum Auftakt bereits Oscar-Preisträger Kevin Spacey auf der Bühne stand, präsentiert das vom Deutschen Gewerkschaftsbund und der Stadt Recklinghausen getragene Festival jetzt Cate Blanchett. Der Hollywood-Star kam am Donnerstagabend (8. Mai 2008) allerdings nicht als Schauspielerin, sondern als Regisseurin. Die australische Künstlerin leitet mit ihrem Mann die Sydney Theatre Company und zeigte David Harrowers „Blackbird“ („Amsel“) in der Halle Marl. Bei der Premiere in dem alten Industriedenkmal applaudierte das Publikum begeistert.

David Harrower packt ein heißes Eisen an: sexuellen Missbrauch Minderjähriger. Protagonist Ray hat sich, als er vierzig war, stark von Una angezogen gefühlt, damals war sie gerade zwölf. Ray hat der Versuchung nicht standgehalten – später sind die beiden erwischt worden und Ray wanderte ins Gefängnis. Die Handlung setzt 15 Jahre später ein. Ray arbeitet in einem kleinen Unternehmen und ist im Gemeinschaftsraum, als Una auftaucht. Ray hat Angst, Una wolle ihn bloßstellen, aber tatsächlich möchte sie herausfinden, was damals war.

Die Suche ist schmerzhaft, die Erinnerungen reißen alte Wunden auf, es gibt heftigen Streit: Dann kommen wieder lyrische Momente, Liebesszenen. David Harrower bagatellisiert sexuellen Missbrauch nicht, fragt aber bohrend, ob die mit der Strafe verbundene Therapie Rays Liebesfähigkeit nicht für immer verstümmelt hat. Der schottische Dramatiker versteht sein Theater als Sonde, seine sensiblen szenischen Arrangements dringen ins Nichtbedachte vor: Die Figuren sagen nie, was der Dramatiker denkt, das Wesentliche bleibt unausgesprochen, steht zwischen den Zeilen.

Das Dreipersonenstück ist eine Herausforderung für die Regisseurin und ihr Ensemble. Cate Blanchett stellt sich ganz in den Dienst des Dramatikers und seines Textes, sie präpariert die fragende Grundhaltung von „Blackbird“ heraus. Peter Kowitz als Ray brachte die verstörende Energie, die sich mit den gegebenen Gesetzen nicht zufriedengibt, über die Rampe. Paula Arundell übertrieb als Una in Mimik und Gestik in vitalistischer Hollywoodmanier, sie war der Subtilität des Stücks nicht immer gewachsen.

Cate Blanchett hat gezeigt, dass sie mehr ist, als eine makellose Mainstream-Schauspielerin. In Marl erwies sie sich als engagierte, ernstzunehmende Theaterfrau, wenn ihr „Blackbird“ auch nicht die bohrende Tiefe und erotische Energie der Uraufführungsinszenierung von Peter Stein 2005 beim renommierten Festival in Edinburgh erreichte. Die Ruhrfestspiele dauern noch bis zum 15. Juni.

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