Werbung

Werbung

Werbung

Chinas Drohung zeigt Wirkung

Die Autorin Dai Qing wurde vom China-Symposium wieder ausgeladen

© Die Berliner Literaturkritik, 10.09.09

Von Andreas Landwehr

PEKING (BLK) - Die Boykottdrohung der chinesischen Seite ließ die Organisatoren der Frankfurter Buchmesse am Ende einknicken: Um einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen, wurde die kritische chinesische Autorin Dai Qing, die an einem internationalen China-Symposium am Wochenende (12./13.9.) in Frankfurt teilnehmen sollte, wieder ausgeladen. Die offiziellen chinesischen Teilnehmer an der Tagung „China und die Welt“ hatten sich geweigert, mit der prominenten chinesischen Aktivistin auf einer Bühne zu stehen. Ein Eklat hätte weitreichende Auswirkungen für die Buchmesse gehabt, auf der China in diesem Jahr vom 14. bis 18. Oktober Ehrengast ist.

Unter dem Motto „China und die Welt - Wahrnehmung und Wirklichkeit“ wollte die zweitägige Konferenz im Vorfeld des chinesischen Gastauftrittes eigentlich „einen Beitrag zum Abbau von Missverständnissen und Vorurteilen leisten“. Stattdessen präsentierte sich China wieder einmal als Land der Zensur, das keine kritischen Stimmen duldet, seine Bürger bevormundet und selbst seine deutschen Freunde unter Druck setzt. „Ich bin nicht überrascht, dass es dazu gekommen ist“, sagte Dai Qing am Mittwoch (9.9.) in Peking der Deutschen Presse-Agentur dpa zu der Kontroverse um ihre Person.

Seit Jahrzehnten kämpft die engagierte 68-Jährige gegen Ungerechtigkeit und setzt sich für Umweltschutz ein. Sie ist die prominenteste Kritikerin des gigantischen Drei-Schluchten-Dammes am Jangtse-Strom und kennt die dunklen Seiten des kommunistischen Systems. Nach dem Wirbel um ihre Teilnahme macht sie gute Miene zum bösen Spiel und spricht von einem „Kompromiss“, mit dem sie leben könne. „Ich verstehe, dass die deutsche Seite in einer schwierigen Lage steckt.“ Jetzt möge sie doch im Oktober zur Buchmesse ins internationale Zentrum kommen, „wo kein chinesischer Kooperationspartner involviert ist“, schrieb Projektleiter Peter Ripken an die Autorin, um aus der Zwickmühle zu kommen.

Der Eklat gibt aber einen bitteren Vorgeschmack auf mögliche weitere Kontroversen auf der Buchmesse. Die Frankfurter müssen ausgerechnet mit der obersten chinesischen Zensurbehörde, der Verwaltung der Presse und Publikationen (GAPP), als Partner für den Gastlandauftritt kooperieren. In eine schwierige Lage gerät auch das deutsche PEN-Zentrum, das als Mitveranstalter des Symposiums auftritt. Obwohl der Einsatz für Meinungsfreiheit und verfolgte Autoren eigentlich ihr Auftrag ist, muss die Schriftstellervereinigung hilflos zusehen, wie eine engagierte chinesische Journalistin auf politischen Druck hin und dann noch mit deutscher Duldung ausgesperrt wird.

Dass Chinas Zensurbehörde und Staatssicherheit sonst noch viel härter mit kritischen Stimmen umgeht, beweist der Fall des Vorsitzenden des chinesischen PEN-Clubs, Liu Xiaobo, der seit Dezember 2008 in Haft sitzt und auf seinen Prozess wartet. Sein Einsatz für Bürgerrechte und Demokratie wird als „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ gewertet. Ob sein Schicksal und das unterdrückter Schriftsteller in China auf dem Symposium angesprochen werden, bleibt abzuwarten. Immerhin geht es aber um Themen wie „Die Rolle der Literatur: In Gefahr oder notwendiger denn je?“.


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: