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Claude Lanzmann: „Der Tod ist ein Skandal“

Sein Leben und die Suche nach seiner Identität als Jude

© Die Berliner Literaturkritik, 09.09.10

Sabine Glaubitz

PARIS (BLK) - Claude Lanzmann ist französisch-jüdischer Schriftsteller und Regisseur. Er hat den mehr als neunstündigen Dokumentarfilm „Shoah“ (1985) über die Erinnerung an den Holocaust gedreht. In seinen Erinnerungen „Der patagonische Hase“ geht er ausführlich auf sein Leben, seine Familiengeschichte und die Suche nach seiner Identität als Jude ein.

Der Tod zieht sich als roter Faden durch Ihr Buch. Welche Bedeutung hat der Tod für Sie?

Lanzmann: „Jeder Tod ist grausam und brutal, auch der sogenannte natürliche Tod. Ich kann mich mit dem Tod nicht abfinden. Der Tod ist ein Skandal.“

Sie sind Jude und 1925 in Paris geboren. Sie sprechen kein Hebräisch und sind ohne Verbindung zur jüdischen Kultur und Religion aufgewachsen. Wie definieren Sie Ihre Identität?

Lanzmann: „Ich stamme aus einer Familie mit starkem Willen zur Assimilierung. Ich bin vor allem Franzose und gleichzeitig zutiefst der jüdischen Frage verhaftet. Ich habe mich viele Jahre meines Lebens mit der jüdischen Frage beschäftigt. Ich bin mit den Juden auf der ganzen Welt solidarisch und mit Israel.“

Nach zweijähriger Unterbrechung haben Israel und die Palästinenser wieder direkte Verhandlungen miteinander aufgenommen. Glauben Sie an einen möglichen Frieden?

Lanzmann: „Ich habe schon immer daran geglaubt. Ich habe den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas vor vielen Jahren kennengelernt. Er ist ein intelligenter und mutiger Mann, das habe ich verstanden, als er einst in einer Rede sagte: "Es kann nicht unsere Bestimmung sein, Blut zu vergießen."„

Sie haben in der Résistance aktiv gegen die deutsche Wehrmacht gekämpft. Im Jahr 1947 sind Sie nach Tübingen und kurze Zeit später nach Berlin gegangen. Hatten Sie keine Ressentiments gegen das Land, das den Nationalsozialismus hervorgebracht hat?

Lanzmann: „Eben weil ich mit Waffen gegen die Deutschen gekämpft habe, hatte ich keine Ressentiments. Ich bin nach Tübingen, um Philosophie zu studieren. Was ist die Philosophie ohne Deutschland? Deutschland ist das Vaterland der Philosophie. Noch heute, wenn ich in Berlin bin, gehe ich auf den Dorotheenstädtischen Friedhof, wo Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Johann Gottlieb Fichte beerdigt sind.“

Ihr Buch ist voller Humor, Ironie und Satire, aber auch etwas narzisstisch. Spiegelt sich in diesem Stil Ihr Wesen wider?

Lanzmann: „Ich bin in keinerlei Weise narzisstisch. Ich glaube, Sie verwechseln da etwas. Ich gebe in meinem Buch zu, dass ich Angst habe und feige bin. Ich bin stolz und demütig, jedoch weder eitel noch bescheiden.“

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