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Cody McFadyens „Ausgelöscht“

Wenn Lektüre zum Alptraum wird

© Die Berliner Literaturkritik, 18.05.10

Von Susanna Gilbert-Sättele

Cody McFadyens neuer Thriller „Ausgelöscht“ trifft sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Denn in der Story von der Jagd nach einem psychopathischen Serienkiller bestimmt Gewalt in unglaublich drastischer Weise den Fortgang der Gänsehaut erzeugenden Handlung. Der 1968 geborene und heute in Kalifornien lebende Autor enttäuscht auch in seinem dritten Roman mit der FBI-Agentin Smoky Barrett die Fans von Hardcore-Krimis nicht.

Wer seine Bücher aber nicht kennt, sei gewarnt: Man muss schon starke Nerven haben, will man der Hatz auf den sadistisch-grausamen, kranken Täter folgen. Bereits mit „Die Blutlinie“ und „Der Todeskünstler“ hat McFadyen zwei Thriller veröffentlicht, die ebenso detailliert wie sein neues Werk eine Spur von außergewöhnlicher Grausamkeit zeichnet. „Ich verbringe mein Leben damit, in die Dunkelheit zu schauen, in der die Bestien hausen“, bringt die Ermittlerin Smoky Barrett von der Polizei in Los Angeles ihre Aufgabe auf den Punkt. Und bestialisch geht es bis zur letzten Seite von „Ausgelöscht“ wahrlich zu.

„Ich bin ganz nah. Und ich habe ein Geschenk für dich, Special Agent Barrett.“ Diese kurze SMS schickt ein Wahnsinniger an die Ermittlerin, und damit beginnt eine Jagd im Internet, in Chatrooms und auf vielen anderen Ebenen, die der Polizei keine Atempause gönnt. Die SMS erhält Barrett auf einer Hochzeitsgesellschaft im Kreise von Spezialagenten, die gerade eine Kollegin beglückwünschen wollen. Die Hochzeitsgäste beobachten gespannt das Brautpaar vor dem Altar. Da durchbricht Motorengeheul die Stille. Ein Lieferwagen hält auf dem Parkplatz. Die Tür öffnet sich, und eine Frau wird auf die Straße geworfen.

Ihr Kopf ist kahlgeschoren, und sie trägt lediglich ein weißes Nachthemd. Sie taumelt auf das Brautpaar zu und fällt auf die Knie. Sie ist traumatisiert. Ihre Haut ist von blutigen Ritzern übersät. Smoky findet heraus, wer diese Frau ist. Sie wurde vor sieben Jahren entführt, eine Polizistin wie sie. Die grausam zugerichtete Frau kann nicht über das reden, was ihr zugestoßen ist. Jemand hat ihre Nervenbahnen durchschnitten. Sie ist nicht tot, sie vegetiert als leblose Hülle vor sich hin. Auf sie wie auf andere Opfer des Wahnsinnigen trifft zu: „Der Tod war bei dir. Du wünschst, er hätte dich nicht am Leben gelassen.“

Smoky hat es mit einem Serientäter zu tun. Für die FBI-Agentin ist sicher: Es wird weitere Opfer geben. Besonders furchtbar ist, dass der Täter weiß, was es für seine Opfer Schlimmeres gibt als den Tod. Und Smoky Barrett erkennt augenblicklich, sie könnte das nächste Opfer sein. Die FBI-Frau befindet sich bei ihren Ermittlungen in einer Welt schwarzer Kälte, angefüllt mit Wimmern, gellenden Schreien und dumpfem Stöhnen. „Ich habe einige der Ungeheuer getötet, die in der Finsternis lauern, und wurde von anderen gejagt - in furchtbaren Träumen, aber auch in der Wirklichkeit, die manchmal schlimmer sein kann als der schrecklichste Alptraum“, stellt Smoky fest.

Und sie trifft mit dieser Beschreibung genau ihre Gefühle bei der Jagd nach Tätern mit einem krankhaften Trieb. „Die meisten morden aus Lustgewinn, geilen sich auf am Leid und Tod anderer.“ In diesem Umfeld von Absonderlichkeiten und Perversionen zu ermitteln, fordert enorme Kraft.

Bis zum überraschenden Ende lässt die Spannung nicht nach, auch wenn die Polarisierung zwischen einem extrem gefühlskalten, hoch intelligenten Killer und einer anständigen, schicksalsgebeutelten Polizistin ein reichlich strapaziertes Motiv in Thrillern der harten Sorte ist. Erzählt wird aus der Sicht von Smoky, die den Leser an ihrer eigenen Gefühlswelt, ihren Ängsten, teilnehmen lässt. McFadyen lässt die Leser teilhaben an den Qualen der FBI-Agentin, die ihren Mann und ihre Tochter im Kampf gegen das Verbrechen verloren hat.

Literaturangaben:

McFADYEN, CODY: Ausgelöscht. Lübbe Verlag, Köln 2010. 459 S., 19,99 €.

Weblink:

Lübbe Verlag


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