Von Dorit Koch
HAMBURG (BLK) – Man muss kein Kind sein, um sie zu kennen: Cornelia Funke ist längst nicht nur der Star der deutschen Kinder- und Jugendbuchszene, sondern gehört im Ausland zu den bekanntesten Deutschen überhaupt. In der Funke-Welt können Meggie und Mo in „Tintenherz“ Figuren aus Büchern herauslesen, sind Sprotte und „Die wilden Hühner“ die coolste Mädchenbande der Welt, geht der „Herr der Diebe“ auf Beutezug und begibt sich der „Drachenreiter“ auf einen abenteuerlichen Flug in den Himalaya. Die seit drei Jahren in Los Angeles lebende Schriftstellerin wird am Mittwoch (10. Dezember) 50 Jahre alt.
Funke hat mit ihrer Erzähl- und Fabulierkunst Bestseller gelandet, mehr als 50 Bücher geschrieben, eine weltweite Auflage von 15 Millionen Exemplaren erreicht und Kinder wie Erwachsene begeistert – in Deutschland und rund 35 weiteren Ländern. Den Titel „deutsche Joanne K. Rowling“ bekam die gebürtige Westfälin, die bis zum Umzug nach Amerika lange Zeit in Hamburg lebte, von den Kritikern mitten im „Harry Potter“-Hype verliehen. Neben vielen anderen Auszeichnungen ist sie seit kurzem Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande und des Medienpreises Bambi.
Der Fantasy-Roman „Herr der Diebe“ schaffte im Jahr 2002 als „Thief Lord“ den Sprung in die Bestsellerlisten Großbritanniens und der USA. „Ein deutsches Juwel“, lobte damals die britische Tageszeitung „The Guardian“. Als die Feuilletons auf das Phänomen Funke aufmerksam wurden, hatten kleine Leseratten ihre Bücher wie „Hinter verzauberten Fenstern“, „Igraine Ohnefurcht“, „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel“, „Das Piratenschwein“ oder „Hände weg von Mississippi“ schon als Futter für spannende Stunden entdeckt.
In Großbritannien war es schließlich ein kleines Mädchen, das die internationale Karriere der blonden Frau mit dem breitem Lachen und den vergnügten Augen lostrat. Die Elfjährige schrieb in einem Brief an den britischen Verleger und Rowling-Entdecker Barry Cunningham über den „Herr der Diebe“ – und der Funke sprang über. Die deutsche Antwort auf Rowling muss den Vergleich mit deren Werken keineswegs fürchten. Auch sie schreibt keine Kinderbücher im eigentlichen Sinn mehr. Funkes Geschichten wie die „Tintenherz“-Trilogie sind von Fantasie durchdrungen, aber auch mit realistischem Lesestoff vermag sie zu fesseln. Ihre Themen – oft irdische Konflikte mit magischem Beiwerk und sehr viel Spannung – sprechen Jung und Alt an und machen Erwachsene vom Vorleser für Kinder zum eifrigen Selbstleser der Funke-Bücher.
Schon als Kind habe sie sich mit dem „Bazillus Leselust“ infiziert, erzählt die Autorin heute, bis zum ersten eigenen Buch dauerte es aber noch Jahre. Funke studierte in Hamburg zunächst Erziehungswissenschaften und arbeitete drei Jahre lang als Erzieherin auf einem Bauspielplatz. Nach ihrem Studium als Illustratorin gestaltete sie die Texte anderer Autoren, doch oft gefielen sie ihr nicht. Also griff sie selbst zur Feder – Ideen hatte sie genug. 1988 erschien ihr erstes Buch „Die große Drachensuche oder Ben und Lisa fliegen aufs Dach der Welt“. Ben nannte sie auch ihren heute 14-jährigen Sohn, ihre 18-jährige Tochter heißt Anna. Mit beiden Kindern ist sie auch nach dem Krebs-Tod ihres Mannes in Los Angeles geblieben – in einem Haus „vollgestopft mit Büchern, DVDs ... und Drachen“, denn die magischen Kreaturen sammelt sie.
Der Literatur-Superstar aus Deutschland, den die englische Sprache „schier besoffen macht“, hat in Kalifornien eine neue Heimat gefunden. Dort verbindet sie das einsame Schreiben mit der Teamarbeit des Filmschaffens. Nach vielen deutschen Verfilmungen ihrer Geschichten kommt nun die erste Hollywood-Produktion von Funke heraus. Gespannt und ungeduldig warten ihre Fans auf den Kinostart von „Tintenherz“ am Tag nach ihrem Geburtstag. Die mehr als 60 Millionen Dollar teure Produktion mit Helen Mirren und Brendan Fraser bringt den ersten Teil der Trilogie über Meggie und ihren Vater Mo auf die Leinwand. Um den Zauber des Lesens geht es darin. Man muss kein Kind sein, um diese Magie zu erkennen.