Werbung

Werbung

Werbung

Herta Müller ist für Dai Qing Vorbild

Die chinesische Autorin sieht China als Unterdrücker

© Die Berliner Literaturkritik, 15.10.09

FRANKFURT/MAIN (BLK) - Für die chinesische Autorin und Umweltaktivistin Dai Qing ist die diesjährige Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller ein Vorbild. „Sie hat selbst in einem Land gelebt, in dem sie unterdrückt wurde, sie weiß wie das ist“, sagte sie anlässlich der Frankfurter Buchmesse in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Sie habe sich aufgelehnt und niemals aufgegeben. Ihr eigenes Land bezeichnet Dai Qing als Unterdrücker von Literaten und Literatur.

„In einem Land, in dem ein Schriftsteller sich nicht frei und ungestört entfalten kann, werden Sie keine Freude in seinen Werken finden und keine Freude an seinen Werken haben“, sagte sie weiter. Es spiele dabei keine Rolle, welches Thema ein Autor wähle. Auch ein vollkommen unpolitischer Autor werde nicht gut schreiben können, solange er sich nicht frei äußern könne. Durch Zensur werde er schon in der Themenwahl beschränkt - und bei der Herausgabe seiner Werke behindert. Die Vergabe der ISDN-Nummern, die zur Veröffentlichung von Büchern nötig sei, befinde sich „vollständig in chinesischer Hand“.

Natürlich gibt es in China Zensur“, sagte Dai Qing weiter und widersprach damit Politikern, Sinologen oder Übersetzern, die dieses Problem mitunter relativierten. Autoren sei es aber möglich, im Untergrund Werke privat zu verbreiten, außer Landes zu schmuggeln oder über das Internet an die Öffentlichkeit zu bringen.

Was China in naher Zukunft vor allem brauche, sei ein Medien- und Veröffentlichungsgesetz. „Wir haben eine Jahrzehnte alte Verfassung - und darin steht kein Wort davon“, monierte sie. Sie selbst schreibe inzwischen kaum noch Literatur, sondern sei vor allem als Journalistin tätig – „um Missstände aufzudecken und mich gegen die chinesischen Autoritäten zu wehren“. Die Umweltaktivistin hat in der Vergangenheit unter anderem vehement gegen das sogenannte Drei-Schluchten-Projekt gekämpft, bei dem wegen des Baus eines riesigen Staudammes am Jangtse-Strom mehr als eine Million Menschen umgesiedelt wurden.

Sie habe in China alles verloren und glaube nicht, dass ihr die chinesischen Behörden noch etwas anhaben könnten. „Das einzige, was ihnen noch bliebe, wäre, mir die Staatsbürgerschaft abzuerkennen“, sagte sie. Für China wünsche sie sich langfristig „eine Gesellschaft, die nicht mehr so krank ist wie jetzt“.

Gespräch: Anika v. Greve-Dierfeld


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: