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Prosa von Leonhard Lorek

Leonhard Lorek veröffentlicht erstmals seine literarischen Texte

© Die Berliner Literaturkritik, 09.07.10
Leonhard Lorek © Alexander Janetzko

Leonhard Lorek © Alexander Janetzko

Von Lutz Steinbrück

Ostberlin in den 1980er Jahren: Im Bezirk Prenzlauer Berg trifft sich die alternative Künstlerszene der Hauptstadt der DDR. Literaten, Musiker, Theaterleute und Bildende Künstler finden sich in subkulturellen Nischen zusammen und suchen nach neuen, experimentellen Ausdrucksformen. Zu den dichtenden Protagonisten der jüngeren Generation zählt neben Johannes Jansen, Bert Papenfuß und Sascha Anderson auch Leonhard Lorek.

1958 im polnischen Zabrze geboren, machte sich Lorek in jenen Tagen (zudem als Mitherausgeber der Untergrund-Zeitschrift „schaden“ sowie als Texter und Musiker von Bands wie „teurer denn je, fett, la deutsche vita“ oder „Deu“t) einen Namen. Ihre Songs nahmen die Bands auf Kassetten auf. Die Zeiten haben sich geändert. Heute ist Lorek 52. Aktuelle Stücke seiner Avantgarde-Popband Mendelsson laufen auf MySpace. Literarische Texte von ihm sind erstmals in einem eigenen Band erschienen: „Daneben liegen“ heißt die Sammlung aus Gedichten und Prosatexten, die der Berliner Verbrecher Verlag im Herbst 2009 veröffentlichte.

Ein spätes Debüt, dessen Texte zum Großteil im Ostberlin der 1980er Jahre entstanden sind. Die Gedichte nehmen den meisten Platz ein. Weder alltagsspezifisch noch auf den Zeitgeist ihrer Jahre fixiert, wirken sie nicht in ihrer Entstehungszeit verhaftet. Die Lebensumstände in der DDR werden nicht beispielhaft-situativ thematisiert. Stattdessen gleicht Loreks bildhafte, lesenswerte Lyrik einer reflexiven, poetischen Standortbestimmung, die den fragilen Formen des Daseins nachspürt.

Besonders deutlich wird dies im Gedicht „statement zum flugversuch mit sonett tausendundeins“ aus dem Okober 1983: „die standorte unseres vergrenzens bedingen die grenzorte un/seres verstandes. und unser ich ist ein kommissarisches. und/das kommissarische ich bewegt sich in etueden echt./statisch ist der rahmen der öffentlichkeit. innerhalb dieses rahmens/sich die möglichkeit einer eigenen dynamik zu verschaffen,/ist das ich ein kommissarisches (...)“. Angesichts der übermächtigen Präsenz festgelegter gesellschaftlicher Regeln scheint es unmöglich, eine Identität jenseits dieser Vorgaben dauerhaft zu behaupten und zu entwickeln. Mit nüchterner, fast wissenschaftlich anmutender Gewissheit wird Kritik an den Verhältnissen geübt.

Andere Gedichte ähneln vielmehr einem assoziativen Sog, dem der Reiz des Rätselhaften anhaftet. So heißt es in „statement zur abfertigung von herz und knochen“ (1984): „(...) weise genug mir/ein skalpell zum geburtstag von thomas geschenkt/zu wuenschen das raetsel der platzangst vertikal/aus dem unterarm zu loesen um von amsterdam/aus nicht nur die wolkenkratzer auszumachen wel/che den stoff zum leben hergeben koennten fuer 1/statement zur abfertigung von herz und kochen“.

Im Text „Wirtschaft, Tod und zehn Gedichte“, der den Band eröffnet, bekennt Lorek, dass Gedichte für ihn in etwa so zu wirken hätten wie Calgon: Kalk lösend und Verkrustungen aufhebend. Ein Anspruch, der nicht leicht einzulösen ist. Wer sich auf seine Lyrik einlässt, den erwarten vielschichtige Impulse, sich mit Grundfragen der Existenz auseinander zu setzen.

Literaturangabe:

LOREK, LEONHARD: Daneben liegen. Verbrecher Verlag, Berlin 2009. 144 S., 19 €.

Weblink:

Verbrecher Verlag


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