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Dario Fo wird 85

Italiens Politischer Clown feiert Geburtstag

© Die Berliner Literaturkritik, 24.03.11

Von Katie Kahle

ROM (BLK) - Der Schalk steht ihm ins Gesicht geschrieben, ein ironisches und gewitztes Lächeln spielt dem hochgewachsenen Mann stets in den Mundwinkeln. „Ich bin nicht mit der Idee zum Theater gegangen, Hamlet zu spielen, sondern mit der Ansicht, ein Clown zu sein, ein Hanswurst“, brachte Dario Fo es einst selbst auf den Punkt. Nicht um Tragik, sondern um Komik und Satire geht es dem Allround-Talent bis heute. Dass dem Possenreißer, Dramatiker und Kabarettisten, Theatermacher, Schauspieler und begnadeten Pantomimen 1997 der Literaturnobelpreis verliehen wurde, überraschte die Literaturwelt dennoch. Am 24. März wird der provokante Polit-Clown und Geschichtenerzähler 85 Jahre alt.

“Satire ist Satire und hat nichts mit Propaganda zu tun - sie ist das schlechte Gewissen der Macht“, erklärte Fo seine Sicht der Dinge einmal. Künstlerisch orientiert an der Commedia dell'Arte, schreckte der 1,88 Meter große Italiener mit dem kindlichen, ausdrucksstarken Gesicht unter diesem Motto vor keiner Provokation, keinem Tabu zurück. Heute bekommt vor allem der skandal- und prozessgeplagte italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi Fos beißende Ironie immer wieder zu spüren.

“Vielleicht ist er einfach nur blöd“, witzelte Fo erst vor kurzem auf einer Demonstration. „Oder sollte man ihm den Zahn von außen gezogen haben?“ Im Detail ging es dem Gaukler um ein großes Pflaster auf der Wange Berlusconis nach einer Zahn- und Kieferoperation. Nicht weniger beißend ging es zu 2003 in seinem erfolgreichen Stück „L'anomalo bicefalo“ (Der anomale Doppelkopf). Dort wird Berlusconi eine Gehirnhälfte seines Busenfreundes Wladimir Putin eingepflanzt. „Zwei Hirnhälften: eine, um Erklärungen abzugeben, die andere, um sie zu dementieren“, rief Fo damals mit Blick auf rhetorische Eskapaden Berlusconis den schallend lachenden Zuschauern entgegen.

Wie wohl kein anderer brachte Fo das Kunststück fertig, gleichzeitig den Papst und die Kommunisten gegen sich aufzubringen. Mehr als 40 Gerichtsverfahren - zumeist wegen Beleidigung - überstand er glücklich. Viele Male wurde er direkt von der Bühne weg verhaftet. „Ich wurde schon politisiert geboren“, meint der „Hofnarr“ Fo schlicht erklärend. „Ich lebte Seite an Seite mit den Kindern von Glasbläsern, Fischern und Schmugglern.“

Seine Karriere begann der in San Giano in der Nähe des Lago Maggiore geborene Possenreißer in den 1950er Jahren. Nach einem abgebrochenen Studium der Kunst und Architektur wandte sich der Sohn eines Eisenbahners und einer Bäuerin seiner Leidenschaft, dem Theater, zu. Mit Werken wie „Die offene Zweierbeziehung“, „Mistero Buffo“ und „Sex? - Aber mit Vergnügen!“ wurde Fo schnell berühmt. Schon Ende der 1960er Jahre war der charmante Polit-Clown weit über die Grenzen Italiens hinaus bekannt.

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Am liebsten unterwegs, trat Fo auch in Fabriken und Gefängnissen auf. Er gründete freie Theatergruppen wie mit seiner Frau Franca Rame, mit der er seit 1954 verheiratet ist, das Kollektiv „La Comune“, dessen festes Quartier eine Gemüsehalle in Mailand war. In halb Europa machte er als linker Theatermacher in der Zeit der Studentenrevolten Furore. Über 70 Stücke schrieb er zusammen mit Rame. Bis heute steht das „eingespielte“ Paar oft auch gemeinsam auf der Bühne.

Zur großen Überraschung der literarischen Welt erhielt Fo 1997 als erster reiner Theaterautor den Literaturnobelpreis. Das Komitee wollte ihn damit vor allem für seine politische und soziale Theaterarbeit würdigen. Er sei ein Schriftsteller, „der in Nachfolge der mittelalterlichen Gaukler die Macht geißelt und die Würde der Schwachen und Gedemütigten wieder aufrichtet“, hieß es damals aus Stockholm. Doch für Fachkritiker in Italien steht vor allem eines fest: Fo schaffte es, die Menschen wieder ins Theater zu locken.


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