Von Ariane Stürmer
Wein, Weib und Gesang – und ziemlich viel Sex: Das sind die Themen des Buches „Ars Erotica. Sexualität und ihre Bilder im antiken Rom“ des US-amerikanischen Professors John R. Clarke. Es ist ein bildgewaltiges Werk, das der Primus Verlag jetzt in deutscher Sprache präsentiert. Explizit, detailliert, voyeuristisch und zugleich wissenschaftlich fundiert.
Clarke, der sich selbst als „Experte für Sex im alten Rom“ bezeichnet, hat Beispiele von pornografischen, erotischen und sexuellen Darstellungen aus allen bildlichen Quellen der Archäologie zusammengetragen. Da sind die Wandmalereien aus Pompeji, aus Wohnhäusern und Bordellen. Da sind die Statuetten des Priapus mit seinem riesigen Phallus, die schöne und zugleich verstörende Statue von Pan und einer Ziege, der Becher mit dem Mann und dem Knaben, Parfumfläschchen, Gemmen, Mosaike und Keramik.
Auf rund 160 Seiten gibt Clarke ein farbenreichen Bild davon, was Erotik und Sex in der römischen Welt bedeuteten. Im Mittelpunkt der Forschungen steht die Zeit der späten Republik und frühen Kaiserzeit. Sex und seine Darstellung waren etwas Alltägliches, gehörten zum guten Ton, waren Anlass für Tischgespräche und herzliche Lacher im Umkleideraum der Thermen. Clarke analysiert, wie die Bilder auf die Menschen gewirkt haben müssen und was sie in der antiken Kultur bedeuteten.
Dabei führt er seinen Leser durch die verschiedenen öffentlichen und nicht öffentlichen Räume des antiken Rom. Durch die Straßen des antiken Pompeji, in denen man sich glücklich schätzen konnte, wenn man an der Darstellung eines erigierten Penis vorbeilief; in das Speisezimmer antiker Villen, in die Räume der Bordelle und Thermen. Clarke erläutert auch, was den Sex zwischen Mann und Frau, Mann und Mann und Mann und Junge unterschied. Und dass es ein gewaltiger Unterschied war, ob ein Mann einen anderen penetrierte oder penetriert wurde und was das über die gesellschaftliche Stellung der beiden aussagte.
Clarke umschreibt nicht, was er meint, sondern sagt es ohne Umschweife. Gerade weil er so unbefangen und ohne Scheu über den Sex in der römischen Antike schreibt, ist sein Buch klar verständlich. Auf die analytische Sprache des Wissenschaftler hat er weitgehend verzichtet, und das macht das Buch auch für Nicht-Archäologen und -Althistoriker empfehlenswert.
Auch von seinen eigenen Erlebnissen berichtet Clare, etwa davon, wie es war, als er als junger Mann 1968 erstmals pornografische Wandbilder in einem antiken pompeijanischen Haus sah. Es war im „Haus der Vettier“. Die Verwaltung der antiken Stätte hatte eine ganz und gar unantike Stahltür einbauen lassen, damit weibliche Besucher nicht in den Raum hineingingen. Der Zugang war damals ausschließlich Männern gestattet.
Natürlich fehlt in dem Buch des Sex-Experten der Antike auch nicht eine Beschreibung der Mysterienvilla in Pompeji. Der sogenannte Mysteriensaal hat schon Generationen von Archäologen und Althistorikern beschäftigt, ganze Bücher wurden nur über dieses eine Zimmer geschrieben. Dass Clarke es nur auf wenigen Seiten abhandelt, ist wohl eher der Pflicht geschuldet, als dem Willen, neue Erkenntnisse zu präsentieren. Aber man verzeiht es dem Autor gerne, erhebt sein Buch doch keinen Anspruch auf wissenschaftliche Relevanz.
„Ars erotica“ bietet einen guten Eindruck von der Vielfalt pornografischer, erotischer und sexueller Darstellung in der römischen Antike. Es ist ein Buch zum Lesen und Anschauen gleichermaßen. Nur eines, das ist es ganz sicher nicht: jugendfrei. Dafür dürften die Bilder auch in der heutigen Zeit für Diskussionsstoff beim Tischgespräch sorgen.
Literaturangabe:
CLARKE, JOHN R.: Ars Erotica – Sexualität und ihre Bilder im antiken Rom. Primus Verlag, Darmstadt 2009. 168 S., 29,90 €
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