Werbung

Werbung

Werbung

DDR-Schauspieler erinnern sich

Nach 20 Jahren Mauerfall: „Der ungeteilte Himmel“

© Die Berliner Literaturkritik, 24.08.09

Von Elke Vogel

Zwischen Desillusionierung und Dankbarkeit schwanken ihre Gefühle 20 Jahre nach dem Mauerfall. In dem Interviewband „Der ungeteilte Himmel“ erzählen Schauspieler aus der DDR aus ihrem Leben vor und nach der politischen Wende. Inge Keller Michael Gwisdek, Dieter Mann, Jaecki Schwarz, Rolf Hoppe, Anja Kling, Ezard Haußmann und Jörg Schüttauf gehören zu den 19 Film-, Fernseh- und Theaterdarstellern, die in langen Interviews Auskunft gegeben haben. Die Autoren Ingrid Poss und Peter Warnecke haben die Erinnerungen aufgezeichnet und lassen die Protagonisten nun in Ich-Form erzählen.

Der Mauerfall veränderte das Leben der Künstler radikal: Der Zusammenbruch der DDR zerstörte viele Gefüge, auch die der Theater, der DEFA-Studios, des Fernsehens. Nicht alle DDR-Schauspieler waren auch nach der Wende wieder auf Bildschirmen, Bühnen und Kinoleinwänden zu sehen. Viele haben sich die langersehnte Freiheit außerdem ganz anders vorgestellt. „Die Wiedervereinigung war mir suspekt“, erzählt Ursula Werner vom Berliner Maxim Gorki Theater, die es mit „Wolke 9“ im vergangenen Jahr bis auf den roten Teppich der Filmfestspiele von Cannes geschafft hat.

Sie habe an eine Reformierung der DDR geglaubt, sagt Werner. Ihre Arbeit sei dann erstmal „beliebiger“ geworden. „Alles muss sich rechnen und laufen, es darf nicht so kompliziert sein, man soll sich doch erholen und entspannen.“ Dabei denke sie immer noch, dass die Menschen auch in Theaterstücke mit politischem Anspruch gehen würden. Als „unmoralisch“ bezeichnet Werner, wie im vereinigten Deutschland heutzutage mit Geld umgegangen wird. Dabei denkt sie auch an die immensen Summen, die für einen Drehtag beim Film oder Fernsehen gezahlt werden, während sich Theaterschauspieler dafür lange abrackern müssen.

„Ich bin dankbar für mein Leben“, resümiert die inzwischen 85-jährige Inge Keller. Sie überblickt eine Zeitspanne von den 20er Jahren als sogenannte Höhere Tochter im Westen Berlins bis zu ihrer großen Zeit am Deutschen Theater Berlin und ihrem bis heute andauernden Kampf um die Kunst der Sprache. Ezard Haußmann erzählt, dass er den Filmhit „Sonnenallee“ seines Sohnes Leander Haussmann lange nicht mochte, weil er eben nicht über die DDR lachen konnte, die ihm so übel mitgespielt hat. „Der Osten gehört zu meiner Biografie“, betont Jörg Schüttauf, der nicht nur als „Tatort“-Kommissar längst gesamtdeutschen Erfolg hat.

Er habe keine Angst vor dem „Klinkenputzen“ gehabt, erzählt sein „Polizeiruf 110“-Kollege Jaecki Schwarz, der sich bei den West-Regisseuren nach der Wende überall neu vorstellte und bei einer Peter-Zadek-Inszenierung mit „West-Stars“ merkte, dass die „auch nur mit Wasser kochen“. Sehr offen und ehrlich berichten die Schauspieler in den zwischen 2002 und 2009 aufgezeichneten Interviews über ihr Leben — das zeichnet diesen dicken, spannenden Memoiren-Schmöker aus. „Alles verändert sich. Nichts bleibt gültig“, sagt wie als Schlusswort der inzwischen verstorbene Horst Drinda. Und in dieser Veränderung sah er auch eine Chance.

Literaturangabe:

POSS, INGRID; WARNECKE, PETER (Hrsg. u. a.): Der ungeteilte Himmel. Schauspieler aus der DDR erzählen. Verlag Neues Leben, Berlin 2009. 480 S., 19,90 €.

Weblink:

Verlag Neues Leben


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: