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Der Altenburger Prinzenraub

Die Verzweiflungstat eines betrogenen Ritters

© Die Berliner Literaturkritik, 29.06.09

Von Andreas Hummel

ALTENBURG (BLK) — „Frieden“ schallt es durch den Hof des Altenburger Residenzschlosses. „Frieden“. Doch anders als dieser Ruf erahnen lässt, bricht sich Unheil Bahn. Es ist der Auftakt für eine der spektakulärsten Kriminalgeschichten Deutschlands: Der Entführung der beiden Söhne des sächsischen Kurfürsten Friedrich II., Ernst und Albrecht, im Jahr 1455. Sie ist als Altenburger Prinzenraub in die Geschichte eingegangen. Am Originalschauplatz des Geschehens, dem Schloss in Altenburg, haben am späten Donnerstagabend (25.6.) die Prinzenraub-Festspiele 2009 ihren Auftakt gefeiert. Es war zugleich die Uraufführung des Stückes „Warn zwei Brüder einst in Sachsen“ aus der Feder der Berliner Autorin Katrin Lange.

Mit allerlei Getier (Esel, Äffchen, Pferde, Ziegen), Stunts, Massenszenen und tollen Lichteffekten hat Regisseur Lutz Gotter erneut ein Spektakel inszeniert, das das Premierenpublikum mit stehendem Applaus feierte.

In der Geschichte geht es um die Verzweiflungstat des Ritters Kunz von Kauffungen. Er hatte im Sächsischen Bruderkrieg (1446-1451) für den Kurfürsten gekämpft und dabei erhebliche finanzielle Verluste erlitten. Als Entschädigung hatte er im Krieg das Gut Schweikershain in der Nähe von Mittweida (Sachsen) erhalten. Als jedoch Friedrich mit seinem Bruder Wilhelm Frieden schloss, verlor Ritter Kunz dieses Gut. Da sich abzeichnete, dass er seine Ansprüche gegen den Landesherrn nicht auf juristischem Wege durchsetzen konnte, entschloss er sich zur Entführung der beiden Wettiner-Prinzen. Mit ihnen wollte er nach Böhmen fliehen und Lösegeld erpressen. Er wurde jedoch gefasst, verurteilt und schließlich in Freiberg enthauptet.

Lange räumt in dem Stück mit der Vorstellung auf, von Kauffungen habe sich die beiden Prinzen geschnappt, unter den Arm geklemmt und sei davonmarschiert. Schließlich waren sie damals schon zwölf und 14 Jahre alt. Vielmehr werden sie als Jugendliche dargestellt, die gegen ihr Elternhaus aufbegehren. Kronprinz Ernst wird als wissbegieriger, der Neuzeit zustrebender Teenager charakterisiert, der Mitleid mit dem Ritter hat und mit ihm aus der Enge des Hofes fliehen will. Sein abenteuerlustiger Bruder Albrecht zwingt beide, ihn mitzunehmen: „Ich will was erleben, den Gral suchen.“

Das Stück sei geschichtsträchtig, aber nicht historisierend, hatte die Autorin schon im Vorfeld erklärt. Ritter Kunz wird — anders als bei manchem Spektakel in den Vorjahren — getreu der Historie am Ende hingerichtet, angedeutet durch ein kurzes Glockengeläut. Die Musik spannt einen Bogen vom Spätmittelalter in die Gegenwart. Rock-Musiker Stefan Stoppok setzt dabei neben Gitarre und Perkussion auch Dudelsack, Schalmei und Drehleier ein und kreiert ein poetisches Klang-Potpourri.

Im kommenden Jahr feiert der Prinzenraub sein 555. Jubiläum. Bis dahin sind die Festspiele gesichert. Seit ihrem Start im Jahr 2005 haben sie mehr als 45.000 Besucher angelockt. Ob sie auch nach 2010 fortgesetzt werden, darüber soll der Stadtrat im Herbst entscheiden.


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