MÜNCHEN (BLK) – Im April 2010 hat der Zsolnay verlag Henning Mankells „Der Feind im Schatten“ herausgegeben.
Klappentext: Aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt. Dieser neue Wallander-Thriller führt direkt in den Kalten Krieg und in die schwedische Nachkriegsgeschichte. Hakan von Enke, ehemaliger U-Boot-Kommandant und zukünftiger Schwiegervater von Wallanders Tochter Linda, gewährt dem Kommissar brisante Einblicke in eine politische Affäre: Fremde U-Boote drangen in den achtziger Jahren mehrfach in schwedische Hoheitsgewässer ein, wurden aber nie identifiziert. Von Enke hat dazu jahrelang recherchiert und glaubt sich einer Lösung nahe. Doch dann verschwindet er spurlos, und als kurz darauf auch noch Enkes Ehefrau als vermisst gilt, steckt Wallander bereits mitten in den Ermittlungen.
Henning Mankell wurde am 3. Februar 1948 in Stockholm geboren und wuchs in Härjedalen bei seinem Vater auf. Im Alter von 17 Jahren zog er nach Stockholm und wurde Regieassistent am Riks Theater. 1968 begann er als Autor und Regisseur zu arbeiten. In den Jahren 1990-1998 entstanden die Wallander-Kriminalromane „Mörder ohne Gesicht“ (1991, dt. 1993), „Hunde von Riga“ (1992, dt. 1993), „Die weiße Löwin“ (1993, dt. 1995), „Der Mann, der lächelte“ (1994, dt. 2001), „Die falsche Fährte“ (1995, dt. 1999), „Die fünfte Frau“ (1996, dt.1998), „Mittsommermord“ (1997, dt. 2000) und „Die Brandmauer“ (1998, dt. 2001). 1999 (dt. 2002) erschien der Erzählband „Wallanders erster Fall“, der die Kurt-Wallander-Serie abschließt. (jos)
Leseprobe:
©Zsolnay Verlag©
Am 30. August 2007, kurz nach zwei Uhr am Nachmittag, brachte Linda im Krankenhaus von Ystad eine Tochter zur Welt, Kurt Wallanders erstes Enkelkind. Die Geburt verlief normal, es war genau der Tag, den die Hebamme errechnet hatte. Wallander hatte vorsorglich Urlaub genommen und verbrachte den Tag damit, eine brauchbare Zementmischung anzurühren, um Risse in der Mauer unter dem Verandadach neben der Außentür auszubessern. Er war nicht besonders erfolgreich, aber immerhin abgelenkt. Als das Telefon klingelte und ihm mitgeteilt wurde, dass er sich von nun an Großvater nennen könne, kamen ihm die Tränen. Das Gefühl überrumpelte ihn, für einen Augenblick war er vollständig schutzlos. Es war nicht Linda, die anrief, sondern der Vater des Kindes, der Finanzmakler Hans von Enke. Weil Wallander sich vor ihm nicht als rührselig zeigen wollte, dankte er eilig für die Nachricht, bat ihn, Linda Grüße auszurichten, und beendete das Gespräch.
Dann machte Wallander einen langen Spaziergang mit Jussi. Noch lag die Spätsommerwärme über Schonen, in der Nacht hatte es ein Gewitter gegeben, und jetzt war die Luft frisch und leicht. Endlich konnte Wallander zugeben, wie oft er sich darüber gewundert hatte, dass Linda nie von einem Kinderwunsch gesprochen hatte. Inzwischen war sie schon siebenunddreißig, ein aus Wallanders Sicht viel zu später Zeitpunkt für eine Frau, um Mutter zu werden. Mona war wesentlich jünger gewesen, als ihre Tochter geboren wurde. Er hatte Lindas Beziehungen aus der Distanz verfolgt, einige ihrer Männer hatte er gern gemocht, andere weniger. Wenn er überzeugt gewesen war, dass sie endlich den Richtigen gefunden habe, war es eines Tages plötzlich aus, und Linda hatte nie erklärt, warum. Auch wenn Wallander und Linda ein enges Verhältnis hatten, gab es gewisse Dinge, die sie selbst in ihren vertraulichsten Stunden nicht berührten. Zu diesen tabubelegten Themen gehörte auch die Kinderfrage.
©Zsolnay Verlag©
Literaturangabe:
MANKELL, HENNING: Der Feind im Schatten. Zsolnay Verlag, München 2010. 592 S., 26 €.
Weblink: