Von Julia Häglsperger
LONDON (BLK) - Ohne ihn wären viele Kinder einer der schönsten Geschichten beraubt worden: Rudyard Kipling ist der geistige Vater von Mogli und seinen tierischen Freunden. Er starb an diesem Dienstag (18. 1.) vor 75 Jahren. Vor allem seit der berühmten Disney-Verfilmung des „Dschungelbuchs“ aus dem Jahre 1967 wurde der britische Schriftsteller oft auf dieses Werk reduziert. Der abenteuerlustige Autor schuf zeitlebens jedoch viele Gedichte und Kurzgeschichten, die zuweilen auch schonungslose Einblicke in die Kolonialherrschaft der Briten geben.
Seine Eindrücke sammelte Kipling vor Ort: Am 30. Dezember 1865 in Bombay (heute Mumbai) geboren, verbringt er seine ersten Jahre in Indien. Mit sechs Jahren wird er nach England geschickt, um dort eine gute Schulbildung zu erhalten. 1882, im Alter von 16 Jahren, kehrt Kipling nach Indien zurück: Er arbeitet als Journalist und beginnt nebenher zu schreiben.
1888 erscheinen erste Werke wie „Schlichte Geschichten aus Indien“ und „Drei Soldaten“, die sogleich viele Leser finden. In ihnen zeichnet Kipling mit Ironie die Schwächen und Konflikte der englischen Bevölkerung in Britisch-Indien nach.
Dies brachte ihm auch die Kritik ein, er sei „ein finsterer Kolonialherr“ („Die Zeit“). Ein Zitat Kiplings, das die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ abdruckte, gibt diesem Vorwurf Futter: „Außer beim Einkaufen“, so sagte er einst einem Freund, „haben wir mit den Eingeborenen nichts zu schaffen.“ Diese als arrogant interpretierte Haltung ist wohl der dunkle Fleck auf der weißen Weste Kiplings.
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Dies verhinderte aber nicht, dass er zu einem erfolgreichen Autor wurde. Für sein Werk wurden ihm mehrere Ehrungen zu Teil: Manche, wie die Ernennung zum offiziellen Hofdichter, lehnte er ab. Zwölf Jahre nach Erscheinen des zweiten Bandes des „Dschungelbuchs“ nahm er 1907 den Literaturnobelpreis entgegen.