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Die Angel meines Großvaters

In dem Erzählband von Gao Xingjian geht es um die „verlorene Generation“ der Kulturrevolution

© Die Berliner Literaturkritik, 29.01.09

 

FRANKFURT (BLK) – Steffen Gnam rezensiert in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ den Erzählband „Die Angel meines Großvaters“ von Gao Xingjian. Darin entwirft der 1940 geborene chinesische Autor, Dramaturg, Maler und Nobelpreisträger „eine Ästhetik des Fliehens, eine der Zen-Mystik ebenso wie Motiven des absurden Theaters des Westens verpflichtete Unabhängigkeitserklärung der Kunst“, so der Rezensent.

Die in den achtziger Jahren entstandenen semiautobiographischen Erzählungen beschreiben in der Verkleidung von Anekdoten und „Weißt-Du-noch-Geschichten“ die „verlorene Generation“ der Kulturrevolution von 1966-76. Dabei stellt das Absurde für Gao Xingjian jedoch nicht eine Abkehr von der Realität dar. So reflektiert beispielsweise die Erzählung „Auf dem Meer“, in der ein Mann auf einem Kutter in Urlauten das Meer anruft, „die Suche nach einer von der Rhetorik der Revolution unberührten Sprache.“ Als Leitmotiv in den Novellen dienen immer wieder „zum Scheitern verurteilte Wiederbegegnungsgeschichten von im Zuge der Revolution versprengten Freunden oder Liebespaaren“. Die Flucht vom „Primat der Ideologie“ und jeglicher Versuch eines Neubeginns enden im „Seelenlabyrinth der Vergangenheit“, münden in einer Zeit der kindlichen Unschuld vor der Revolution, in einem Streben nach dem „Einssein mit den elementaren Kräften der Natur“.

Gegenteilig zum Konzept der permanenten Revolution offenbare sich in Gaos Erzählungen, laut Rezensent, „eine Philosophie vom Leben als ewigem Fluchtzustand. In der Aufarbeitung der Frage nach Individual- und Kollektivschuld aus der Opfer- und Täterperspektive, im fluchtpunktlosen Wechsel der Erzählperspektive und der Pronomen erweist sich Gaos Programmatik einer vorbei an Maos Diktum massendienlichen Schreibens ,ohne Ismen’ sich vorantastenden ‚kalten Literatur’“, urteil der Rezensent. (nic/ang)

Literaturangaben:
XINGJIAN, GAO: Die Angel meines Großvaters. Erzählungen. Übersetzt aus dem Chinesischen von Natascha Gentz Vittinghoff. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 208 S., 19,90 €.

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