Von Rudolf Kraus
Karl-Markus Gauß, der unermüdliche Chronist Süd- und Osteuropas, hat gemeinsam mit dem Künstler und Verleger Christian Thanhäuser die Donau erkundet. Während Thanhäuser dem Lauf des Flusses mit einer Vielzahl an Zeichnungen und Holzstichen ein komplexes Bild verleiht, erzählt Gauß von Menschen (oftmals Schriftstellerinnen und Schriftsteller), Orten und deren Geschichte.
Karl-Markus Gauß hat dafür sein eigenes Donau-Alphabet geschaffen, das von David Albahari, dem jüdisch-serbischen Schriftsteller, über Franz Kains Donau-Erzählungen bis zur mutmaßlich letzten Zigarette reicht. In ihrem Band findet sich eine Donau, die wie kein anderer europäischer Fluss verschiedene Völker und Kulturen verbindet (aber auch trennt bzw. getrennt hat). Vom Ursprung im Schwarzwald über Bayern, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien bis zum Donaudelta in Rumänien mündet die Donau schließlich ins Schwarze Meer.
Diese Mischung an Völkern und Sprachen war ein Inbegriff der Donaumonarchie, aber auch Ort von Auseinandersetzungen und Kriegen bis in die jüngste Vergangenheit. Den Donauschwaben widmet Gauß auch anhand seiner eigenen Familiengeschichte Aufmerksamkeit. Ein Volk, das viel von Vertreibung, Flucht und Tod zu erzählen hat, aber auch von Schuld und Verantwortung, gerade wenn es um die Zeit des Nationalsozialismus geht. Karl-Markus Gauß spart keine Aspekte aus, er lässt alle zu Wort kommen.
Die Gauß’sche Donau schimmert in vielen Farben, sie spricht mehr als ein halbes Dutzend Sprachen und beherbergte noch vor hundert Jahren 50 Fischarten. Sollten Sie jetzt auf den Geschmack gekommen sein, nur zu, dieses schöne, bibliophile Buch verbindet Kompetenz, Sensibilität und Ästhetik zu einem Ganzen. Eben die Donau.
Literaturangabe:
GAUSS, KARL-MARKUS/THANHÄUSER, CHRISTIAN: Die Donau hinab. Zeichnungen von Christian Thanhäuser. Haymon Verlag, Innsbruck 2009. 152 S., 19,90 Euro.
Weblink: Haymon-Verlag