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Die Namen der Sehnsucht

Gedichtband des lange geschmähten türkischen Poeten Nazim Hikmet

© Die Berliner Literaturkritik, 09.01.09

 

ZÜRICH (BLK) – Der Gedichtband „Die Namen der Sehnsucht“ von Nazim Hikmet ist im Juli 2008 beim Ammann Verlag erschienen.

Klappentext: Das Werk von Nâzým Hikmet ist ein Meilenstein der modernen türkischen Literatur. Schon zu seinen Lebzeiten galt er als Star-Poet, dessen Texte zu Liedern, Parolen und geflügelten Worten wurden. Seine Gedichte sind zugleich Erlebnis und Dokumentation des 20. Jahrhunderts. Die Neuübersetzung von Gisela Kraft erschließt endlich auch die existentielle Dimension dieses außergewöhnlichen Lyrikers. Ihre Auswahl ist eine Reise zu den Lebensstationen Hikmets: vom zarten Debüt des Elfjährigen aus Istanbul bis hin zur ironischen Skepsis im Moskauer Exil. Sie vollzieht seinen künstlerischen Werdegang nach und zeigt den Dichter in allen seinen Wandlungen: als Liebenden und Freund, als Kämpfer und Agitator, als Romantiker und avantgardistischen Sprachspieler. Hikmets Ton ist mal zweifelnd, verzweifelnd, mal maßlos mutig, mal lakonisch komisch – aber immer voll poetischer Intensität.

Nazim Hikmet wurde 1902 in Saloniki geboren und wuchs in der kosmopolitischen Atmosphäre Istanbuls auf. Zeitlebens blieb der politisch engagierte Dichter in seiner Heimat verfolgt. Sechzehn Jahre verbrachte er im Gefängnis, zwölf Jahre lebte er im Exil. Er starb 1963 in Moskau. Sein Publikationsverbot wurde in der Türkei erst 1965 aufgehoben.

Leseprobe:

©Ammann Verlag©

 

ICH LIEBE DICH, wie ich Brot

in Salz tunke und verzehre,

wie ich in der Nacht, vom Fieber geweckt,

den Mund an den Wasserhahn presse und trinke,

wie ich ein rätselhaftes, schweres Postpaket

öffne, argwöhnisch und fröhlich,

ich liebe dich, wie wenn ich zum ersten Mal

im Flugzeug das Meer überquere,

wie etwas, das sich in mir rührt, wenn weich

der Abend über Istanbul hereinsinkt,

ich liebe dich, wie ich sage: Danke – wir leben.

 

27. August 1960

 

 

DIE REISE

 

Ein Dichter macht eine Reise

von einem Meer unserer Welt

blickt er auf einen Stern.

 

Ein Dichter geht auf die Reise

von dem Meer eines Sterns

blickt er auf unsere Welt.

 

Dichter sind auf Reisen

auf den Meeren des Weltalls

blickt einer den anderen an.

 

Mittelmeer, 1960

 

 

WILLKOMMEN BABY

du bist an der Reihe mit Leben

auf dich warten Stickhusten Diphtherie Schwarze Pocken

Malaria Schwindsucht Herzinfarkt Krebs usw.

Elend Erwerbslosigkeit und dergl.

Zugunglück Busunglück Flugzeugabsturz Arbeitsunfall

Erdbeben Sturmflut Dürre und dergl.

Schwermut Trunksucht usw.

Gummiknüppel Knast usf.

auf dich wartet die Atombombe und dergl.

willkommen Baby

du bist an der Reihe mit Leben

auf dich warten Sozialismus Kommunismus und dergl.

 

Leipzig, 10. September 1961

 

 

FÜR VERA

 

Sie sagte komm doch

Sie sagte bleib doch

Sie sagte lach doch

Sie sagte stirb doch

 

Ich kam

blieb

lachte

und starb

 

1963

©Ammann Verlag©

Literaturangaben:
HIKMET, NAZIM: Die Namen der Sehnsucht. Aus dem Türkischen von Gisela Kraft. Ammann Verlag, Zürich 2008. 360 S., 29,90 €.

Verlag


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