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Die rechte Gefahr aus Osteuropa

„Aufmarsch“ - ein politisches Sachbuch von Gregor Mayer und Bernhard Odehnal

© Die Berliner Literaturkritik, 06.05.10

Von Thomas Brey

Das Buch ist eine Warnung. Eine Warnung der Europäischen Union (EU) vor dem erstarkenden Rechtsextremismus in einigen neuen Mitgliedsländern sowie bei einigen beitrittswilligen Staaten. Die Autoren - Gregor Mayer, Korrespondent österreichischer und deutscher Medien und Bernhard Odehnal, Korrespondent österreichischer und Schweizer Zeitungen - wollen nach eigener Darstellung zur „moralischen Hygiene“ beitragen. Sie meinen: „Eine Destabilisierung durch neue ethnische Konflikte in seiner Mitte braucht Europa am wenigsten“.

Die stärksten, informativsten, aber auch erschreckendsten Passagen des Buches stehen gleich am Anfang. Die Autoren versuchen eine Systematik der rechtsextremistischen Bewegungen in Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Bulgarien, Kroatien und Serbien zu erarbeiten. Sie zeigen die verschiedenen Bewegungen auf und belegen, dass dieses radikale Gedankengut bereits tief in die Mitte der jeweiligen Gesellschaften eingedrungen ist. Dass diese „rechte Gefahr aus Osteuropa“ nicht als politische Folklore abgetan werden kann, beweisen der dramatische Rechtsruck und die sensationellen Stimmengewinne der ungarischen „Jobbik“-Extremisten bei der Parlamentswahl im April.

Die traditionellen nationalistischen Parteien verschwinden mehr und mehr in Ost- und Südosteuropa, so die Analyse. Aber sie hätten mit ihrer jahrelangen Hetze gegen Minderheiten bereits den Boden für die nächste Generation bereitet. Und genau um diese Generation dreht sich dieses Buch. Sie will „die Straße erobern“, ihre „Führer sind um die 30 Jahre alt, die Mitläufer häufig noch Teenager“. An ihrer Spitze stehen Studenten oder Facharbeiter, die Mitglieder der paramilitärischen Gruppen kommen oft aus der Mittelschicht, schreiben die Autoren.

Aus Mangel an fremder Zuwanderung richte sich die Aggression gegen die eigenen Minderheiten. Das sind Roma, Juden, nationale Minderheiten wie die Türken in Bulgarien und Homosexuelle. In ihrem kruden Gedankengebäude wird die Anti-NATO- und EU-Stimmung kombiniert mit Pro-Umwelt- und Tierschutz-Ideen sowie der Forderung nach „Essen aus den eigenen chemiefreien Ställen und Gärten“. Gemein ist demnach allen Extremisten auch ihr Bemühen, „die mit ihren Staats- und Religionsgründern verbundenen mittelalterlichen Staatslehren wiederzubeleben“.

Die Autoren, die sich über viele Jahre als Journalisten in den Ländern Ost- und Südosteuropas sachkundig gemacht haben, sehen in den aktuellen politischen und wirtschaftlichen Missständen dieser Länder den Grund, dass sich überhaupt solche radikalen Bewegungen entfalten konnten. Die jungen Leute hätten den Glauben an das System verloren: „Sie wittern nicht zu Unrecht Korruption und Vetternwirtschaft überall.“ Unrecht haben sie allerdings mit dem von ihnen zur Schau gestellten Verlierer-Image. Danach sei ihnen selbst vom System alles genommen worden, um es an ihre verhassten Gegner wie Roma und Juden zu verteilen.

Es folgen detaillierte Analysen zu den Ländern, in denen sich die Autoren besonders gut auskennen: Mayer beschäftigt sich mit Ungarn, Odehnal mit Tschechien. Das sind brillante Analysen, die die eingangs aufgestellte Systematik untermauern. Ob in den Kapiteln über Bulgarien, Kroatien und Serbien die Literaturbasis ausreichend und die Themenauswahl gelungen ist, kann man diskutieren. Doch das schmälert nicht im Geringsten den hohen Informationswert dieses Buches. Ein aufrüttelndes, wichtiges und politisch hintergründiges Werk.

Literaturangaben:

MAYER, GREGOR / ODEHNAL, BERNHARD: Aufmarsch. Die rechte Gefahr aus Osteuropa. Residenz Verlag, St. Pölten / Salzburg 2010. 304 S., 21,90 €.

Weblink:

Residenz Verlag


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