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Die Rückkehr zur Kurzgeschichte

Stephen Kings „Sunset“

© Die Berliner Literaturkritik, 04.12.08

 

Von Thomas Strünkelnberg

Wenn Stephen King seine unheimlichen Geschichten schreibt, um zu vermitteln, was ihm selber Angst macht, dann muss er eine Menge Dinge fürchten. Nicht an letzter Stelle stand oft die Furcht, nicht als Literat wahrgenommen zu werden – das seltsame Ringen eines Mannes, der mehr als 400 Millionen Bücher verkauft hat.

Er gab den Jahrgang 2006 der Anthologie „Best American Short Stories“ heraus und erfand sich gewissermaßen neu – indem er zu seinen Wurzeln zurückkehrte und wieder wie früher Kurzgeschichten schrieb. Das Ergebnis heißt „Sunset“ und besteht aus 13 Geschichten. Ist das alles literarisch wertvoll? „Das weiß ich nicht und es interessiert mich auch nicht besonders“, schrieb King im Vorwort.

Aber dafür taugen sie etwas, befand „Amerikas Meister des Schreckens“ (King über King). Wichtig war ihm vor allem, dass „die alte Erregung zurückkam und ich wieder wie früher zu schreiben begann“. Da träumt sich ein millionenschwerer Bestsellerautor zurück in seine frühen Jahre, als der einstige Englischlehrer auf der Reiseschreibmaschine seiner Frau nebenbei Kurzgeschichten für Herrenmagazine schrieb. Damals flossen ihm die Geschichten nur so aus der Feder, erinnert er sich. Das kann eine Art Freiheit sein, vor allem ist dabei viel romantische Verklärung im Spiel. Und das Klappern der Schreibmaschine lässt so schön an die großen Literaten der Vergangenheit denken.

Die Kurzgeschichten erzählen von alltäglichen Menschen, die in ganz und gar nicht alltägliche Ereignisse verstrickt sind. Einige sind übernatürlich, andere eher Kriminalgeschichten. Eines aber ist ihnen gemeinsam: In Stephen Kings Welt zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, kann ein richtig hässliches Ende bedeuten. Ein junges Pärchen begreift, nach einem Eisenbahnunfall nicht in irgendeiner Bahnhofshalle festzusitzen, sondern bereits gestorben zu sein, eine Katze rächt sich brutal für die vielen Tierversuche und eine junge Frau findet sich in der Gewalt eines mörderischen Nachbarn wieder. Alles typisch Stephen King – spannend, gut beschriebene Charaktere und manchmal etwas weitschweifig.

Einige der Storys sind nicht einmal unkomisch: Wenn beispielsweise ein Streit unter zwei Millionären Floridas im Tank eines Klohäuschens auf einer Baustelle endet, überaus detailverliebt und bildhaft beschrieben. „In der Klemme“ heißt die Story, bei der sich King selbst vor dem geekelt haben will, was er beschrieb.

Vielleicht ist die Frage, was man für Literatur zu halten bereit ist, gar nicht so wichtig. Sondern die Frage, ob die neuen und älteren Kurzgeschichten in dem Buch den Leser zu fesseln vermögen – was sie können, dank der unglaublichen Fantasie des Autors. King selbst hat das Schreiben jedenfalls Spaß gemacht, bekannte er im Vorwort. „Und solange ich weiß, wie man’s macht, werde ich weiterschreiben.“ Stephen King hört mit 61 Jahren noch lange nicht auf. Das ist eine gute Nachricht.

Literaturangaben:
KING, STEPHEN: Sunset. Heyne, München 2008. 480 S., 19,95 €.

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