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Beklemmendes Roadmovie

„Die Hitze ließ nur die Dinge“ von Susanne Fritz

© Die Berliner Literaturkritik, 30.03.10

Von Karolina Szczepanska

Den Eindruck, den dieses unscheinbare Buch auf den ersten Blick macht, täuscht ganz gewaltig. Denn Susanne Fritz lässt auf den wenigen Seiten, aus denen dieser Roman besteht, eine sprachliche Flut auf den Leser prasseln und entführt ihn in die feuchte Hitze Mexikos.

Zusammen mit dem frischen Liebespaar Isabel und Jan geht es durch die spröde Atmosphäre dieses Landes, wobei Jan die Route schon einmal mit seiner Exfreundin Caroline absolviert hat. Davon weiß Isabel allerdings nichts. Caroline hatte Jan damals mitten auf der Reise verlassen und nun möchte er sein Trauma überwinden mit der neuen Frau an seiner Seite. Dazu ist nicht nur die Strecke, die das Paar bereist, identisch, sondern auch die Hotelzimmer, die Jan zuvor ausgesucht hat. Nach einigen Stationen kommt das Gespräch auf früher und auf Caroline, eine egozentrische Fotografin, die sich ihrer Freiheit durch eine Beziehung mit Jan beraubt gefühlt und ihm darauf hin das Herz gebrochen hat. Isabel dämmert das Absurdum ihrer Reise und sie beginnt sich zurückzuziehen.

Gleichzeitig, ebenfalls in Mexiko, macht die Fotografin Christine Bekanntschaft mit einem Amerikaner, dessen Frau vor einigen Jahren genau hier, in Oaxaca, während eines Abendessens an einem Herzinfarkt verstorben ist. Seitdem reist der Witwer Jahr für Jahr an den Ort und versucht ebenfalls, seinen Verlust mit einer Wiederholung der Gegebenheiten zu überwinden. Er beginnt eine Affäre mit Christine, die er an dem Todestag seiner Frau in das gleiche Restaurant ausführt, in dem diese damals verstorben ist. Christine lässt sich auf das Experiment ein und das Paar begegnet für einen kurzen Moment Jan und Isabel, ohne die Ähnlichkeit der Umstände zu ahnen.

Die Ausgangsgeschichte suggeriert eine spannende Beschreibung verletzter Emotionen; das exotische Südamerika als Spielstätte des Buches einen interessanten Rahmen für die Auseinandersetzung zwischenmenschlicher Irrwege und Enttäuschungen. So ist die Erschaffung einer zunehmend beklemmenden Atmosphäre Susanne Fritz auch wirklich gut gelungen, denn die allgegenwärtige Hitze gepaart mit den Beschreibungen der Armut, des Todes auf den Straßen, dem landestypischen Essen und der permanenten Feuchtigkeit in der Luft lassen den Leser in die unberechenbaren Gefilde Mexikos versinken.

Allerdings steht dem Ganzen die gnadenlose Überkonstruiertheit des Buches im Wege, die beim Lesen relativ schnell Ermüdungserscheinungen aufkommen lässt. Zu den inhaltlichen Parallelen, die die Autorin einfach im Nichts auslaufen lässt, kommt der völlig überfrachtete Stil. Selbstverständlich ist jedes literarische Werk eine sprachliche und inhaltliche Konstruktion, jedoch wird diese Tatsache hier auf die Spitze getrieben und permanent überreizt. Die Dialoge wirken künstlich und die Metaphern aufgeblasen. Auf den relativ wenigen Seiten wurde den wirren Träumen der Figuren und ihrer Unentschlossenheit im Umgang miteinander sprachlich ein aufgesetzt klingender Ton verliehen, der an die Imitation von etwas kitschig klingenden südamerikanischen Autoren erinnert. Hinzu kommen vielfältig verwendete Zitate, die sich gern über eine ganze Seite erstrecken und der ohnehin schon überladenen und schwerfällig wirkenden Sprache das i-Tüpfelchen aufsetzen. Was also wie ein Roadmovie beginnt und eine tiefgründige Reise durch Mexiko und durch das Gefühlsleben der Protagonisten sein könnte, ist mitunter ein Büchlein geworden, dessen 190 Seiten sich durch die behäbige Stilistik lesen wie ein opulenter Roman. Eigentlich sehr schade, dass dieses viel versprechend klingende Buch eine Herausforderung darstellt, es überhaupt zu Ende zu lesen. Manchmal sollte weniger ruhig wenig bleiben.

 

Literaturangaben:

FRITZ, SUSANNE: Die Hitze ließ nur die Dinge. Verlag Klöpfer und Meyer, Tübingen 2009. 190 S., 18,50 €.

 

Weblinks: Klöpfer und Meyer

 

 


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