Von Barbara Munker
LOS ANGELOS (BLK) - Mit dem packend-realistischen Roman „Die Welle“ verschaffte sich der Amerikaner Morton Rhue in den 1980er Jahren einen Platz in der Riege der Kultautoren. Dem deutschen Filmemacher Dennis Gansel lieferte er zugleich die Vorlage für den 2008 angelaufenen gleichnamigen Film über ein verhängnisvolles Experiment eines Lehrers mit seinen Schülern, das den Alltag in einer Diktatur greifbar machen soll und dabei außer Kontrolle gerät. Angespornt von dem Gemeinschaftsgefühl folgen die Schüler bereitwillig den totalitären Regeln, die Welle kann nicht mehr ohne Blutvergießen gestoppt werden.
Rhue, der an diesem Mittwoch (5.5.) 60 Jahre alt wird, schrieb den Roman nach den Aufzeichnungen eines kalifornischen Lehrers, der 1967 in seiner Klasse das beängstigende Experiment erprobte. Dass das Buch in vielen deutschen und amerikanischen Schulklassen zur Pflichtlektüre gehört, sei einer der lohnendsten Aspekte des Romans, schreibt Rhue auf seiner Homepage.
Dort erklärt er auch, wie der gebürtige Todd Strasser zu Morton Rhue wurde. Sein Verleger hatte ihm nahe gelegt, ein Pseudonym zu wählen, als er gleich zwei Romane auf den Markt bringen wollte. Dank eines mehrsprachigen Lautspieles mit den Worten „Tod“/„Mort“, „Straße“/„Rue“ wählte er Morton Rhue.
Der zweifache Vater, begeisterte Surfer und Tennisspieler hat mehr als 130 Bücher geschrieben, meist harte Kost für jugendliche Leser. „Ghetto Kidz“ ist ein schonungsloser Bericht aus der amerikanischen Großstadt-Welt. Für die meisten Jugendlichen ist es Ziel, bei der herrschenden Gang aufgenommen zu werden, Schutz zu finden und eines Tages reich zu werden - auch wenn sie dafür kriminell werden müssen. In „Bootcamp“ schildert er die brutale Behandlung eines Teenagers in einem Umerziehungslager für rebellische Jugendliche. „Asphalt Tribe“ dreht sich um den Überlebenskampf junger Obdachloser und Junkies.
In dem Band „Ich knall euch ab!“ erzählt der Autor von zwei Schülern, die wegen der Hänseleien und Ausgrenzungen durch ihre Klassenkameraden so unter Druck geraten, dass sie eines Tages durchknallen und ein Blutbad anrichten. Am Ende ist ein Amokläufer tot, der andere wird so zusammengeschlagen, dass er ins Koma fällt. Zu einer Theaterpremiere nach seiner Buchvorlage reiste Rhue 2004 eigens nach Rostock an.
Rhue, der auf Long Island nahe New York aufwuchs, hatte als Schüler selbst einige Hürden zu nehmen. Rechtschreibung, Grammatik und englische Literatur waren Problemfächer, später brach er das College-Studium ab und zog durch die Welt. In Europa hielt er sich als Straßenmusiker über Wasser, später - nach Abschluss des Literaturstudiums - als Reporter und Werbetexter. 1978 kam sein erster Roman „Angel Dust Blues“ heraus, das Geld steckte er in eine „Fortune Cookie“-Firma. Er habe anfangs sehr viel mehr Glückskekse als Bücher verkauft, räumt der Schriftsteller auf seiner Webseite ein.
Literaturangabe:
RHUE, MORTEN: Die Welle. Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2008. 186 S., 6,95 €.
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