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Die Welt der Supermärkte

Anna Sams „Die Leiden einer jungen Kassiererin“

© Die Berliner Literaturkritik, 23.06.09

MÜNCHEN (BLK) — Im Januar 2009 ist bei Riemann Anna Sams Buch „Die Leiden einer jungen Kassiererin“ erschienen.

Klappentext: Sie ist uns vertraut, und wir kennen flüchtig ihr Gesicht, weil wir mehrmals pro Woche an ihr vorbeidefilieren — die Supermarktkassiererin. Für die meisten von uns reduziert sich ihre Identität auf das von Piepstönen untermalte Gleiten des Scanners über unser Warensortiment, auf stereotype und scheinbar lustlos wiederholte Redewendungen wie „Ist das alles?“ oder „Macht dann 9,99.“ Anna Sam hat Literatur studiert und war 8 Jahre lang gezwungen, sich als Kassiererin ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Mit trockenem Humor und scharfer Beobachtungsgabe beschreibt sie Szenenbilder, die sich in der Atmosphäre liebloser Achtlosigkeit der Supermärkte entwickeln. Niemand sieht Tag für Tag so viele unterschiedliche Menschen an sich vorbeiziehen wie die Kassiererin. und niemand ist wohl besser geeignet, eine Typologie des Alltagsmenschen anzufertigen: vom notorischen Stänkerer über den lästigen Fragesteller mit der langen Leitung bis hin zum Möchtegern-Charmeur. „Man sieht Menschen, wie sie wirklich sind“, sagt Anna Sam. Die Memoiren einer Supermarktkassiererin sind ein Lesevergnügen für alle mitfühlenden Zeitgenossen, die bereit sind, das Komische in der banalen Beschränktheit und Achtlosigkeit unserer Mitmenschen zu erkennen. Anna Sams Buch behandelt sicherlich kein „großes“ Thema, aber es ist ein Kleinod ironischer Menschenbeobachtung. Die besten Satiren schreibt noch immer das wirkliche Leben.

Anna Sam, 28, ist Frankreichs bekannteste Supermarkt-Kassiererin. Als sie nach Abschluss ihres Literaturstudiums nicht sofort einen Job bekam, jobbte sie in Rennes bei einer Großmarktkette. Sie begann ihre heiteren, skurrilen und frustrierenden Erfahrungen mit Kunden in einem Web-Log zu veröffentlichen, der zum Überraschungshit wurde und bis heute über 600.000 Besucher anlockte. Seit ihrer Buchveröffentlichung „Les tribulations d’une cassière“ gilt sie in ihrer Heimat als Sprachrohr aller Supermarkt-Angestellten. (köh/mül)

Leseprobe:

©Riemann©

Mein Name ist Anna. Ich bin 28 Jahre alt, habe meinen Universitätsabschluss in Literaturwissenschaft und eine Erfahrung hinter mir, die sich als ebenso eigenartig wie banal erwies. Ich habe acht Jahre lang in einem der großen Supermärkte gearbeitet, zuerst, um damit mein Studium zu finanzieren, danach, weil ich keine meiner Ausbildung entsprechende Anstellung fand. Und somit bin ich geblieben, was man heute so schön „Servicemitarbeiterin Kasse“ nennt. Eine Supermarktkasse. Nicht gerade viel Abwechslung, vom „Biep! Biep!“ beim Einscannen der verschiedenen Artikel ganz zu schweigen. Während dieser sanfte Ton sich immer weiter in mein Gehirn fraß, kam ich mir am Ende selbst wie ein Roboter vor. Daneben gab es nur noch die flüchtigen Begegnungen mit den Kunden, die auch nicht gerade dazu beitrugen, die Lebensgeister zurückzurufen. Glücklicherweise sorgte der Kontakt der Kollegen untereinander dafür, dass wir unsere Natur als menschliche Wesen nicht vollkommen vergaßen. Eines Tages dann fasste ich den Entschluss, meine beruflichen Erfahrungen aufzuschreiben, all die kleinen Ereignisse, die das Leben einer gewöhnlichen Kassiererin ausmachen.

Und plötzlich sah ich die Menschen, die hinter dem Laufband vorbeidefilierten, mit anderen Augen. Ich betrachtete das Universum des Supermarkts durch eine andere Optik und entdeckte eine Welt, die sehr viel weniger eintönig ist, als sie mir bislang erschienen war. Es gibt pflegeleichte Kunden und schwierige, reiche und arme, komplexbeladene und solche, an deren Selbstbewusstsein nie auch nur die Spur eines Zweifels nagt. Kunden, für die man gar nicht existiert, als wäre man unsichtbar, und andere, die grüßen, wenn sie an die Kasse kommen. Die Kampfshopper, die morgens bei der Öffnung schon füßescharrend vor den Pforten warten, und die Superlässigen, die sich grundsätzlich Zeit lassen, bis der Markt schließt. Kunden, die uns anmachen, andere, die uns beleidigen. Wer will da noch behaupten, das Leben einer Kassiererin sei arm an Ereignissen? Da ich all das selbst erlebt habe, bekam ich Lust, anderen von meinen Erlebnissen zu erzählen.

Hier sind die Geschichten, die mich am stärksten berührten. Aber jetzt wird es Zeit, dass Sie sich ein Wägelchen schnappen und die Pforten des Supermarkts durchschreiten. Die Gitter vor dem Eingang rasseln schon nach oben! Wir wünschen einen angenehmen Einkauf!

Willkommen im Supermarkt: Wollten Sie nicht schon immer Kassiererin werden?

Herzlichen Glückwunsch! Sie haben einen Termin zum Vorstellungsgespräch bekommen und dann sogar die Stelle ergattert? Willkommen in der Großfamilie der Supermärkte! Sie sind jetzt also Kassiererin. Oh, Verzeihung! Ich meine natürlich „Servicemitarbeiterin Kasse“. Da fühlt man sich doch sofort viel begehrenswerter, nicht wahr? Das Einstellungsgespräch war eine Sache von Minuten. Es dauerte gerade so lange, dass Sie noch einmal aufsagen konnten, was bereits in Ihrem Lebenslauf stand, und die Frage beantworteten, ob Sie eine Bankverbindung besitzen. Psychotests? Kopfrechnen? Was für ein Unsinn! Warum nicht auch noch gleich ein graphologisches Gutachten? Sie bewerben sich als Kassiererin, nicht als Notar! Heute ist Ihr erster Tag …und Sie sollten sich sofort als möglichst rentabel erweisen. Also keine Zeit verlieren! Sie werden an Ort und Stelle angelernt. Nur keine Panik. Eine „Altgediente“ wird Sie unter ihre Fittiche nehmen, zumindest eine Viertelstunde lang. Vielleicht sogar einen ganzen Vormittag, wenn Sie Glück haben. Möglicherweise sogar zwei ganze Tage, wenn Ihr Geschäftsführer nett ist. (Die gibt es noch, ich schwöre!) Feste Regeln existieren hierfür nicht.

Man führt Sie einmal durch den Laden. (Und zwar schnell, schließlich wartet die Arbeit!) Man zeigt Ihnen die Umkleide, den Pausenraum, den „Kasten“ — genauer gesagt: den Mülleimer, in dem all das Zeug landet, was sich nicht mehr verkaufen lässt — Sie werden sich immer mal wieder dorthin begeben —, und die zentrale Kasse, wo Sie Ihren Wechselgeldkasten ausgehändigt bekommen. Und … das war’s dann auch schon.

Jetzt kennen Sie den Laden gut genug, um sich an die Arbeit machen zu können. Sie möchten wissen, welche Artikel Ihr Supermarkt führt? Das hat Zeit. Sie können die Geschäftsräume schließlich in der Pause besichtigen, was Ihre Ruhezeiten gleich viel spannender gestaltet. Wenn Sie das erste Mal die rote Linie überschreiten, um in Ihrer schicken Uniform von Chanel oder Dior … oder in Ihrer hässlichen Bluse (hängt alles von dem Laden ab, in dem Sie arbeiten, genauer gesagt von der Kundschaft, die man dort anvisiert) und mit dem Wechselgeldkasten unter dem Arm (in dem immer einige Tageslöhne stecken) den Platz hinter Ihrer Kasse einnehmen, dann sind Sie vermutlich ein bisschen eingeschüchtert. Keine Sorge. Das gibt sich. Sie haben Ihre Kasse gefunden, die Wechselgeldschublade eingesetzt, alle Systeme sind startklar, Sie sind hyperkonzentriert, supermotiviert, die „Altgediente“ steht Ihnen zur Seite, und Sie spitzen die Ohren. Sie sind bereit zum Einsatz. Wurde auch Zeit.

Mal sehen: Ware einscannen (Laufband und Artikel im Auge behalten, um zu überprüfen, ob nicht vielleicht ein falscher Preis angezeigt wird), Summe anzeigen lassen, dem Kunden den Gesamtpreis nennen, ihn fragen, ob er eine Kundenkarte besitzt, Zahlungsmittel entgegennehmen, Wechselgeld zurückgeben, dann Kassenbon aushändigen. Dabei immer freundlich lächeln. Natürlich. Und ratzfatz noch ein „Auf Wiedersehen und einen schönen Tag noch!“ und weiter zum nächsten Kunden.

Nochmal zum „Mitschreiben“ …? Anfangs geht alles schnell, viel zu schnell. Vor allem, wenn Sie an einem Tag anfangen, an dem viele Leute kommen. Doch ebenso schnell nehmen die eigenen Bewegungen Automatencharakter an, und bald achtet man überhaupt nicht mehr darauf, was man eigentlich tut. Ein Monat genügt, und Sie haben das Gefühl, eins mit Ihrer Kasse zu sein. Sie merken gar nicht, wie die Zeit vergeht, da gibt die „Altgediente“ Ihnen schon immer weniger Anweisungen. Es passt ja. Sie werden Expertin darin, Artikel im Sekundentakt über den Scanner zu schieben und Wechselgeld herauszugeben. Meinen Glückwunsch! Der Job ist ja schließlich nicht für die Einsteins dieser Welt gedacht … Wenn man die typischen Bewegungen erst einmal draufhat, läuft alles andere von ganz allein.

Dann kommt der große Moment. Die „Altgediente“ zieht sich zurück. Und Sie schieben in vollkommener Autonomie Artikel über den Scanner. Juhuu! Was für eine Aufregung! Uaaah! Nun ja, wenn man von dem ewigen „Biep!“ des Scanners einmal absieht, ist es gar nicht so aufregend … Zum Glück gibt es ja noch hie und da ein Pläuschchen mit den Kunden, wobei es zumindest ein bisschen menschelt (mehr davon in den nun folgenden Kapiteln). Ach ja, eins hätte ich fast vergessen. Die Sache ist zwar nicht ganz so einfach, aber auf seltsame Weise interessant. Sie müssen nämlich sämtliche Codenummern von Wiegeware auswendig lernen: Zitronen, grüner Salat, Thymian, Artischocken und so weiter. Doch keine Panik! Ihre Anzahl ist begrenzt, und falls Sie Ihr Gedächtnis doch einmal im Stich lassen sollte, haben Sie ja immer noch Ihr Memo-Board an der Kasse. Und Ihre Kolleginnen, Isabel, Nadine, Maria, Nicole … die in Rufweite sitzen. (In diesem Fall ist es sehr wichtig, die Namen der Kolleginnen im Kopf zu haben, was bei über hundert auch keine leichte Übung ist.) Nun haben Sie Ihren ersten Tag bald geschafft … die letzten Kunden gehen, der Supermarkt schließt seine Tore. Nun, wie sind Ihre ersten Eindrücke so? Nun ja, als Job ist es echt amüsant. Man schiebt Hunderte von Artikeln über den Scanner (und entdeckt so nebenbei, dass es eine ganze Menge Sachen gibt, deren Sinn und Zweck einem bislang ebenso unbekannt war wie die Tatsache, dass es sie überhaupt gibt), man spricht mit Hunderten von Menschen, lernt nette Kollegen kennen und hört den ganzen Tag Musik. Man sitzt im Warmen. Ein Traumjob also.

Beinahe. Kommen Sie morgen wieder. Und übermorgen. Und überübermorgen. Je mehr Zeit Sie hinter einer Kasse verbracht haben, desto weniger Lust haben Sie, morgens aufzustehen. Glauben Sie mir. Fragen an der Kasse: Die Top 3 der ewigen Hitparade Aufgepasst, meine Damen und Herren: Heute gibt es in Ihrem Supermarkt — sozusagen als Begrüßungsangebot — die absoluten Top 3 der Kundenfragen:

1. Wo sind die Toiletten?

2. Haben Sie keine Plastiktüte?

3. Sind Sie offen?

So für sich genommen, hören sie sich noch nicht mal so schlimm an, aber warten Sie erst mal, bis Sie hinter Ihrer Kasse sitzen. Am Ende eines langen Arbeitstages werden Sie sich dabei ertappen, dass diese Fragen eine irre Mordlust in Ihren Augen aufflackern lassen (oder einen Schreikrampf auslösen, wenn Sie eher der introvertierte Typ sind). Doch urteilen Sie selbst: Die drängendste: „Wo sind die Toiletten?“ Kunde (wie immer in Eile und dementsprechend entnervt): „Wo sind hier gleich wieder die Toiletten?“ Kassiererin (versucht einen Augenblick lang, den Kunden vor sich auszublenden): „Guten Tag!“ Kunde (mit starrem Blick): „…“ Kassiererin (tief aufseufzend — innerlich): „Dort drüben.“ Die Kassiererin zeigt mit dem Finger auf das große, erleuchtete Schild „Toiletten“, das direkt vor der Kasse baumelt. Der Kunde wendet sich wortlos ab. Kein „Dankeschön“, kein „Auf Wiedersehen“, nicht einmal so etwas wie „Scheißschild“. Natürlich ist keine Zeit für Höflichkeitsfloskeln, wenn’s pressiert.

Die aggressivste: „Haben Sie keine Plastiktüte?“ Eine der größten Revolutionen seit Beginn dieses Jahrhunderts: die Abschaffung der kostenlosen Plastiktüten im französischen Supermarkt. Der Volkszorn kochte. Vor allem in der ersten Zeit. Das klang dann so: „Die rücken doch nur keine Plastiktüten mehr raus, damit sie noch mehr Kohle machen!“ Diesem Argument konnte ich meine heimliche Zustimmung nicht ganz versagen. Doch am liebsten hätte ich ihnen entgegengerufen: „Denken Sie doch an das Morgen, an all die schönen Wiesen und Felder, die sich von Plastiktüten unverschandelt vor Ihren Augen erstrecken werden. Ans Meer … befreit von weißem Plastik-Treibgut. Wäre das nicht schön?“ Heute hat sich jeder an die Revolution gewöhnt. Man sieht keine bitter enttäuschten Kunden mehr, die ihren vollgestopften Einkaufswagen an der Kasse im Stich lassen. (Und ob das schon vorgekommen ist!) Doch Szenen wie die folgende ereignen sich hierzulande auch noch heute.

Kassiererin (schiebt die drei Artikel des Kunden übers Band): „2,56 €, bitte.“ Kunde zahlt mit Scheck (ja nun, er hat einfach kein Kleingeld) und sucht am Ende des Bandes eine Plastiktüte, um seine bereits verpackten Tomaten, Äpfel und den Salatkopf in eine weitere Plastikhülle zu stecken: „Haben Sie denn keine Plastiktüte?“ Kassiererin (zum dreißigsten Mal in etwa zwei Stunden): „Wie Sie wissen, gibt es in den großen Supermärkten seit einiger Zeit keine kostenlosen Plastiktüten mehr. Wir können Ihnen Kartons anbieten oder recycelbare Tüten für fünfzehn Cent, die mehrfach verwendbar sind.“ Kunde (spuckt vor Zorn): „Können Sie das nicht sagen, bevor ich zahle?“ Kassiererin (tief aufseufzend — immer noch innerlich): „Es tut mir leid, doch wir haben schon seit mehreren Monaten keine kostenlosen Plastiktüten mehr.“ (Sie lächelt.) „Warum tragen Sie Ihre Einkäufe nicht einfach so nach Hause? Es ist ohnehin alles verpackt.“ Woraufhin der Kunde wütend abzieht — die Äpfel in der linken, den Salatkopf in der rechten Hand. Die Tomaten lässt er da. Er hat schließlich nur zwei Hände.

Die nervigste: „Haben Sie offen?“ Sie wären gern die höflichste, coolste, untadeligste Kassiererin auf Gottes Erdboden? Das ist Ihr gutes Recht und außerdem wirklich lobenswert. (Auch wenn Sie Ihren Lohnstreifen dabei nicht ganz außer Acht lassen sollten). Eines aber müssen Sie mir versprechen: Lassen Sie es sich nicht gefallen, wenn man Sie mit Ihrer Kasse verwechselt. Sie sind ein menschliches Wesen und machen nicht „Biep!“. Und der Kunde ist keineswegs immer im Recht. Hier sind einige Vorschläge, wie Sie auf die Frage „Haben Sie offen?“ reagieren können: •Die höfliche Kassiererin: „Ich nicht, aber die Kasse schon.“ •Die sarkastische Kassiererin: „Biep!“ •Wenn der Kunde oder die Kundin echt niedlich ist: „Warum? Wollen Sie’s bei mir versuchen?“ •Oder — garniert mit einem entwaffnenden Lächeln —: „Und Sie?“ Ich garantiere für nichts. Natürlich werden Sie auch die zahlreichen Varianten zum Thema kennenlernen: • „Sind Sie geschlossen?“ • „Ist sie offen?“ • „Sind Sie die Kasse?“ • „Nehmen Sie mich dran?“ Wie würden Sie das nun interpretieren?

Haute Couture an der Kasse

Sie sind ein klein bisschen eitel und allergisch gegen Uniformen? Tja, Pech gehabt. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass eine Kassiererin mit einem Blick als solche zu identifizieren sein muss … sogar wenn sie hinter einer Kasse sitzt. Um also dem Kunden Rätselraten und Fehlschlüsse zu ersparen: Es gibt eine allgemein verbindliche Arbeitskleidung. Wie sonst sollte es Ihnen gelingen, sich als Teil der großen Familie zu fühlen, die Ihr Unternehmen für Sie darstellt? Wählen Sie unter unseren Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Wintermodellen:

Der Glamourtyp

Kostüm (gewöhnlich in Marineblau) mit geblümtem Tüchlein (das Sie „geschmackvoll“ in der Brusttasche Ihrer Jacke drapieren sollen). Ballerinas, die zu Ihrer Bluse passen (gewöhnlich weiß) und die Sie aus eigener Tasche bezahlen müssen. Kindchen, glauben Sie denn, Sie werden Stewardess? In diesem Aufzug hätten Sie jedenfalls die besten Chancen. Bei einer Billiglinie zwar, aber das würde Ihnen doch wohl nichts ausmachen? Außerdem könnten Sie das Kostümchen zu anderen Anlässen tragen, zur Kommunion zum Beispiel, zur Bar-Mizwa oder zur Ordensverleihung. (Gut, streichen Sie das Letztere. Es ist überflüssig.) Ist die Welt nicht aufs beste bestellt? Und passen Sie nur auf, dass Sie keine abrupten Bewegungen machen. Die Nähte Ihrer Uniform (made in China) sind keineswegs reißfest, und ehrlich gesagt ist das Prachtstück nicht gerade gut geschnitten.

Der Omatyp

Es mangelt Ihnen am passenden Outfit für die Leerung des Mülleimers? Nun, diesem Missstand kann abgeholfen werden: dank der wunderbaren Westchen und Röcke nebst unförmiger Bundfaltenhosen in Größe XXL. Da müssen Sie sich sogar in der zarten Blüte Ihrer Mädchenjahre vor Liebhabern gereifter Schönheit in Acht nehmen. Alles, was unter siebzig ist, wird Sie zuverlässig übersehen. Und nicht vergessen: Erst die Strickweste macht das Styling perfekt. Die Kassendamen: der Club der Aktivseniorinnen.

Das Bauern-Tailleur

Ein druckknopfbewehrtes Oberteil, Größe XXL, in Vichyblau oder Schweinchenrosa. Man wird Sie auf den achten Monat schätzen, selbst wenn Sie nicht im Entferntesten schwanger sind. Als Mann wird man bei Ihnen im Zweifelsfall wohl auf Schmerbauch tippen. Da das Material absolut wasser- und schmutzabweisend ist, können Sie die Dinger im Notfall als Regenhaut benutzen.

©Riemann©

Literaturangaben: SAM, ANNA: Die Leiden einer jungen Kassiererin. Aus dem Französischen von Elisabeth Liebl. Riemann Verlag, München 2009. 176 S., 12,50 €.

Weblink:

Riemann Verlag


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