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Das Ende des Buchlandes DDR

Christoph Links über die Abwicklung des Buchlandes DDR

© Die Berliner Literaturkritik, 22.06.09

Von Friedemann Kohler

Eine bittere Geschichte fasst Christoph Links in „Das Schicksal der DDR-Verlage“ zusammen. Der Berliner Verleger und Autor beschreibt darin das Ende des Buchlandes DDR in den Wirren der Privatisierung. Von 78 DDR-Verlagen, die vor dem Fall der Mauer 1989 eine Lizenz hatten, überlebte im Kapitalismus nur ein Dutzend. Links liefert eine wissenschaftliche Studie, trockenen Lesestoff, der aber ein Gefühl von Trauer hinterlässt.

In der DDR waren Bücher gesucht, gute Literatur mit einem Hauch von Unangepasstheit wurde als „Bückware“ unter dem Ladentisch verkauft. Wissenschaftliche Werke und Klassikerausgaben waren — wenn man die parteilich gefärbten Vorworte und Kommentare überlas — solide gemacht. Literarische Übersetzungen vor allem aus osteuropäischen Sprachen genossen Renommee. DDR-Kunstbücher waren auch im Westen begehrt, sie brachten dem Staat Devisen ein.

Doch auf Grenzöffnung und Wiedervereinigung waren die Verlage ebenso wenig vorbereitet wie andere DDR-Firmen. Ihre Mitarbeiterzahl war hoch, sie hatten kaum Kapital oder Immobilien. Den ostdeutschen Nachholbedarf an neuen, bislang unbekannten Inhalten konnten sie nicht decken; ihre eigenen Autoren- und Übersetzungsrechte verloren im gesamtdeutschen Markt an Wert.

Zuständig für die Privatisierung der DDR-Verlage aus Partei- oder Staatsbesitz war die Treuhand, die ihre ursprüngliche Strategie „Sanieren und Verkaufen“ bald ins Gegenteil verkehrte: Verkauft wurde schon auf das Versprechen der Sanierung hin. In den seltensten Fällen wurde die Einhaltung der Zusagen von Investitionen und Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter überprüft, wie Links feststellt.

Jedem der 78 Verlage widmet er ein eigenes Kurzkapitel, und so reiht sich ein Trauerspiel an das andere. Fünf Mal wechselte Volk und Welt, der wichtigste DDR-Verlag für ausländische Literatur, den Besitzer, bevor er in Luchterhand (München) aufging und dann in Random House (Bertelsmann) verschwand. Die schwierigste Geschichte, der Verkauf des Aufbau-Verlages an den Frankfurter Immobilienkaufmann Bernd F. Lunkewitz, führte 2008 in die Insolvenz; jetzt wird das Unternehmen nochmals verkleinert fortgeführt. Die meisten Verlage verschwanden in den früheren 90er Jahren still von der Bildfläche.

Das Fazit der Privatisierung: Die meisten DDR-Verlage landeten in den Händen westdeutscher Verlage mit ähnlichem Profil, die Titel und Rechte der Konkurrenten aus dem Osten billig übernahmen. Zudem rollte in den 90er Jahren auch unter den westdeutschen Verlagen eine Übernahmewelle. In den Großverlagen blieb von den ostdeutschen Firmen oft nur der Name als so genanntes Imprint übrig.

Eigenständig geblieben sind zwölf der beschriebenen DDR-Verlage, von den Mitarbeitern blieb weniger als ein Zehntel. Im Jahr 2006 kamen aus dem Osten nur noch 2,2 Prozent der gesamtdeutschen Titelproduktion (11,7 Prozent einschließlich Berlin). Am Gesamtumsatz der Buchbranche von 10,7 Milliarden Euro waren Firmen aus den neuen Bundesländern nur mit 0,9 Prozent beteiligt.

Der Rückgang der wirtschaftlichen Kennziffern belegt einen tiefgehenden kulturellen Verlust. Er hat vor allem Leipzig getroffen. Über Jahrhunderte war die sächsische Stadt das Zentrum des Buchwesens in Deutschland. Mittlerweile liegt Leipzig bei der Zahl der Verlage, Verlagsmitarbeiter und Titel weit abgeschlagen.

Literaturangabe:

LINKS, CHRISTOPH: Das Schicksal der DDR-Verlage. Christoph Links Verlag, Berlin 2009. 352 S., 24,90 €.

Weblink:

Ch. Links Verlag


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