Von Thomas Maier
FRFANKFURT AM MAIN (BLK) - Digitale Lesegeräte (E-Book-Reader) sind den Büchern aus Papier und Druckerschwärze auf die Pelle gerückt wie nie zuvor. „Das elektronische Buch ist keine Phantomdiskussion mehr“, bilanzierte Martin Spieles, Sprecher des S. Fischer Verlags, die 62. Frankfurter Buchmesse, die am Sonntag (10.10.2010) in Frankfurt zu Ende ging. Neben E-Book-Readern, die inzwischen auch von großen Buchhandelsketten kommen, gibt es die ebenfalls fürs Lesen geeigneten Tablet Computer wie Apples iPad. Und erstmals überhaupt haben Verlage auf der weltgrößten Bücherschau auch spezielle Anwendungen fürs digitale Lesen vorgestellt.
Es geht dabei um elektronische Bücher, die mit Extras angereichert sind. Rowohlt will zum Beispiel den Roman „Strohfeuer“ von Blogger Sascha Lobo und eine Albert-Einstein-Monografie für die Leser der elektronischen Version mit Fotos und Videos anreichern („Enriched E- Book“).
PR-Rummel contra Wirklichkeit
Von einem Siegeszug ist das elektronische Buch - zumindest in Deutschland – freilich noch weit entfernt. Der Marktanteil liegt noch unter einem Prozent. Richtig Bewegung dürfte in den Markt erst kommen, wenn der US-Marktführer Amazon in den deutschen E-Book-Markt einsteigt. Das wird nach den Erwartungen der Branchenexperten Anfang kommenden Jahres passieren.
Auf der Buchmesse blieb unklar, wann der Internet-Konzern und Anzeigenvermarkter Google in den USA Amazon und Apple richtig Konkurrenz machen will. Der Sprung von „Google Editions“ nach Europa wäre dann programmiert. Doch der PR- und Medien-Rummel ums E-Book entspricht auch in den USA nicht unbedingt der Wirklichkeit der Leserinnen und Leser. „Die Fantasie übersteigt derzeit das, was tatsächlich passiert“, meint zumindest Ed Nawotka, Chef des US- Branchenmagazins „Publishing Perspectives“.
Auch deshalb stand auf der Messe weiterhin das gute alte Buch im Zentrum. Viele kleinere Verlage sind auf den E-Book-Zug auch noch gar nicht aufgesprungen. Der auf anspruchsvolle Belletristik spezialisierte Schöffling Verlag etwa bietet bisher kein einziges E-Book an. „Für uns ist zuerst einmal wichtig, ein gutes Programm zu machen“, sagt Ida Schöffling. Die Messe sei auch ohne E-Book gut gelaufen.
Gute Stimmung und Lob für Argentinien
Generell war die Stimmung auf der Bücherschau positiv. Besonders gute Geschäfte meldeten nach Angaben der Organisatoren die angelsächsischen Verlage, die anscheinend gestählt aus ihrer schweren Krise herauskommen. Auch in Europa haben sich aber die Verlage „verschlankt“: Die Besucher konzentrieren sich auf das Wesentliche, und die Verlage reduzierten die ausgestellten Titel.
Große Aufmerksamkeit fand das Gastland Argentinien, das seine Chance auf der Buchmesse als weltweit beachteter Kulturplattform genutzt hat. Das Ziel, die Vergangenheit und insbesondere die traumatische Zeit der Militärdiktatur (1976-83) aufzuarbeiten, brachte Argentinien großen Respekt ein. Und mit einer Vielzahl von glänzenden Autoren, die nach Frankfurt geschickt wurden, löste das für seine große literarische Tradition bekannte Land den Anspruch auch ein.
Die erstaunliche Zahl von über 100 Romanen und Erzählungen wurden dank der Übersetzungsförderung aus Buenos Aires allein ins Deutsche übersetzt. Gerade kleinere Verlage sind dabei auch ein Wagnis eingegangen. „Es hat sich gelohnt“, sagte Thomas Heilmann, Vertriebschef von Rotpunkt in Zürich. Der Schweizer Verlag hat die Krimis von Rodolfo Walsh wieder herausgebracht, der als Begründer des investigativen Journalismus in Argentinien gilt und 1977 von den Militärs ermordet wurde.