Von Regina Weinrich
Zürich (BLK) - F.D., wie er sich selber nannte, gilt als einer der wichtigsten Dramatiker der jüngeren Literaturgeschichte und wurde immer wieder als Kandidat für den Literaturnobelpreis gehandelt. Friedrich Dürrenmatt erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1986 den bedeutendsten deutschen Literatu preis, den Georg-Büchner-Preis. Seine Arbeiten wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Am Dienstag (14. Dezember) jährt sich zum 20. Mal sein Todestag.
Dürrenmatt, am 5. Januar 1921 als Sohn eines protestantischen Pfarrers aus dem Emmentaler Dorf Konolfingen im Kanton Bern geboren, war weder ein guter Schüler noch ein ehrgeiziger Philosophiestudent. Er wollte eigentlich Malerei studieren, bevor er sich entschloss, Schriftsteller zu werden. Sein Werk ist gekennzeichnet durch Radikalität und Untergangsvisionen. Er hat mit meisterlicher Ausdruckskraft gezweifelt, Systeme und Strukturen infragegestellt und aufgebrochen. Er zwingt sein Publikum schonungslos - sei es auf dem Theater, beim Lesen seiner Texte oder Betrachten seiner Bilder – in die Abgründe der menschlichen Existenz zu schauen, hat es dabei aber keineswegs immer erreicht.
Die Weltgeltung des 1921 geborenen Schweizers ist eng verbunden mit vier Komödien: „Die Ehe des Herrn Mississippi“ (1952), „Der Besuch der alten Dame“ (1956), „Die Physiker“ (1962) und „Der Meteor2 (1966). Aber auch der Kriminalroman „Der Richter und sein Henker“ (1952) oder Hörspiele wie „Der Prozeß um des Esels Schatten“ (1951) und „Die Panne“ (1956) trugen zu seinem Erfolg bei. Eine 1998 in Zürich bei Diogenes erschienene Werkausgabe umfasst 37 Bände – das dramatische Werk mit 18, das Prosawerk mit 19 Bänden.
F.D. war ein Rebell, der keine Lösung anbot oder Hoffnung machte. Der Einzelne muss seine Schlüsse selber ziehen. Wenn die zur Milliardärin aufgestiegene „alte Dame“ Claire Zachanassian in ihren Geburtsort zurückkehrt, dann geschieht das nicht aus Nostalgie und verspricht den Bewohnern nicht nur unerwarteten Wohlstand. Sie hat einen Sarg für ihren treulosen Geliebten aus Jugendtagen dabei, und es entfacht sich vor dem Zuschauer ein Spiel um Gerechtigkeit und Rache, Menschlichkeit und Gemeinschaft, Schuld und Sühne. Für Dürrenmatt bedeutete der Erfolg des Stücks das Ende seiner materiellen Sorgen, er selbst schätzte es aber nicht.
Dürrenmatts gestalterisches Schaffen stand lange im Hintergrund. Seit dem Jahr 2000 ist das Gesamtwerk im Centre Dürrenmatt in Neuchâtel, Dürrenmatts Wohnort über lange Jahre, zu sehen. Im Zentrum des unterirdischen Ausstellungsraums hing schon zur Eröffnung ein besonders böses Bild mit dem Titel „Letzte Generalversammlung der Eidgenössischen Bankanstalt“, das die Banker beim kollektiven Selbstmord zeigt.
„Eine Geschichte ist erst dann zu Ende gedacht, wenn sie ihren schlimmstmöglichen Ausgang genommen hat“, stellte Dürrenmatt fest. Mit diesem Satz wurde er in der Schweiz auch und gerade während der Bankenkrise zitiert, sein Werk hat offenbar nichts an Aktualität eingebüßt. „Dürrenmatt ist nicht totzukriegen“, hieß es kürzlich spöttelnd in einer Kritik der „Neuen Zürcher Zeitung“ zur Inszenierung von F.D.s „Die Panne“ am Zürcher Schauspielhaus. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch: Dürrenmatt lebt.
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