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Edward St. Aubyns Familien-Saga „Schlechte Neuigkeiten“

Presseschau vom 23. Januar 2008

© Die Berliner Literaturkritik, 23.01.08

 

BERLIN (BLK) – Die „FAZ“ bespricht den Anti-Entwicklungsroman „Schlechte Neuigkeiten“ von Edward St. Aubyn. Die „SZ“ rezensiert die Autobiographie „Ein Stammbaum“ des Patrick Modiano. Außerdem in der Presseschau: Léonard Autié, Dieter Henrich, Jan Richter, Matthias Karmasin und Werner Faulstich sowie Hanns-Josef Ortheil.

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“

Gisa Funck rezensiert für die „FAZ“ den zweiten Band „Schlechte Neuigkeiten“ von Edward St. Aubyns Familien-Saga um eine altenglische Adelsfamilie. An seinem autobiographisch angelegten Haupthelden, dem 22-jährigen Adelssprössling Patrick Melrose zeige der Autor eine „Erziehung zur seelischen Abstumpfung“ auf. Dieser „Anti-Entwicklungsroman“ sei eine Chronik der „wütenden Veredelung“ „und biete Einblicke in die New Yorker Drogenszene der frühen achtziger Jahre“. Man lese „Patricks konsequente Absage an die Welt“ wie gebannt, weil sich sein Schöpfer als „Ausnahme-Stilist und Meister der gehässigen Metapher“ erweise, schreibt die „FAZ“. Mit „distanzlos tränenseliger Bekenntnisliteratur“ haben St. Aubyns Romane nichts gemein, urteilt die Rezensentin.

„Journal de Léonard, coiffeur de Marie-Antoinette“ von Léonard Autié seien amüsante und bitterböse Lebenserinnerungen des Haarkünstlers und ein wahrer Genuss, berichtet Christine Tauber für die „FAZ“. Er war Coiffeur des bourbonischen Königshauses und frisierte die Damen der höheren Gesellschaft, bis hin zu Marie-Antoinette. Die autobiographische Selbststilisierung seines Aufstiegs („mittels seiner erotischen Qualitäten“) bediene alle Topoi einer gelungenen Künstlerbiografie. Man erhalte galant-witzige Einblicke in die High Society des französischen Ancien Régime, schreibt die „FAZ“.

In einer Kurzrezension berichtet die „FAZ“ über den „lesenswerten“ Sammelband „Krieg – Medien – Kultur“ der von Matthias Karmasin und Werner Faulstich herausgegeben wurde. Das Buch behandle den Zusammenhang von Krieg und Medien im Ersten und Zweiten Weltkrieg. So werde beispielsweise darauf eingegangen, wie Hollywood mit Filmen wie Chaplins „The Great Dictator“ den Ausschlag für den Kriegseintritt in der öffentlichen Meinung gab. Die „FAZ“ bemängelt jedoch, dass biographische Angaben zu den Autoren fehlen.

Die „FAZ“ stellt den „respektablen, reichbebilderten Band“ „Claus Berg“ von Jan Richter vor. Er beleuchte das bislang wenig erforschte Leben und den neuen Stil des in Nürnberg bei Veit Stoß (1447-1533) ausgebildeten Lübeckers, der nachhaltig Skandinaviens Kunst der Holzaltäre im späten Mittelalter prägte. Des Weiteren stelle der Band auch andere, ihm ähnliche Künstler, vor und behandle auch die Mitwirkung der Maler an den Rentabeln im Norden.

„Neue Zürcher Zeitung“

Hanns-Josef Ortheils umstrittener Roman „Das Verlangen nach Liebe“ wird von Rainer Moritz für die „NZZ“ besprochen. Der Rezensent ist der Meinung, dass Ortheils Versuch, eine romantische Auffassung von rundum gelingender Liebe in Szene zu setzen, nur auf den ersten Blick in die Happy-End-Literatur seichten Zuschnitts abgleite. Der Autor sei vielmehr bemüht, einen Gleichklang zweier Menschen darzustellen, der alles erfasst, was ihnen begegnet. Sein Werk lasse sich als Übertragung eines Liebeskonzepts auf die Realität verstehen, als bewusstes Beiseiteschieben dessen, was die Welt an Widrigkeiten bereithält. In diesem Roman werde die Geschichte eines Paares erzählt, das nach einer Trennung wieder zu seiner Liebe zurückfinde. Trotz einiger Kritikpunkte sei der Roman lesens- und aller Ehren wert, meint der Rezensent.

„Süddeutsche Zeitung“

Verena Auffermann bespricht den autobiographischen Ich-Bericht „Ein Stammbaum“ des Prix-Goncourt-Trägers Patrick Modiano. Der 1945 geborene Sohn eines Gangsterpaares erzähle Episoden aus seiner „gruseligen“ Kindheit und Jugend und zeige außerdem ein Gesellschaftsbild Frankreichs bis in die Mitte der sechziger Jahre, bis zum Umbruch des Klassensystems durch die Studentenrevolte. So sei seine biografische Recherche eine Ergänzung zur 68er-Debatte und das Porträt einer verstockten Gesellschaft aus französischer Sicht, behauptet die „SZ“. Außerdem gelinge es ihm eine teils bewusste, teils unbewusste Konstruktion eines Selbstbildes und die Darbietung schriftstellerischen Lebensmaterials.

Das neue Werk „Denken und Selbstsein“ des Münchner Philosophen Dieter Henrich werde man nur aus einer doppelten Perspektive heraus verstehen, würdigen und kritisieren können, schreibt Thomas Meyer für die „SZ“.Es sei einerseits als weiteres Dokument eines fünfzigjährigen Denkweges Henrichs zu verstehen und zum anderen als ein erneuter, konstruktiver Abwehrversuch gegenüber allen modernen Unternehmungen, die glauben, ohne die Postulierung eines selbst voraussetzungslosen Subjektdenkens philosophische Grundlagenforschung betreiben zu können. Das „bewusste Leben“ bilde den Mittelpunkt dieses neuen Werkes Henrichs, das in klarer Sprache einen erneuten Durchgang des langen Denkweges biete. Aus diesem Grund könne es auch als Einführung in ein systematisches Philosophieren gelesen und verstanden werden, meint die „SZ“. (car/wip)

Literaturangaben:
AUTIÉ, LÉONARD: Journal de Léonard, coiffeur de Marie-Antoinette. Les éditeurs libres, Paris 2007. 256 S., 23 €.
HENRICH, DIETER: Denken und Selbstsein. Vorlesungen über Subjektivität. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 380 S., 24,80 €.
KARMASIN, MATTHIAS / FAULSTICH, WERNER (Hrsg.): Krieg – Medien – Kultur. Neue Forschungsansätze. Wilhelm Fink Verlag, München 2007. 186 S., 22,90 €.
MODIANO, PATRICK: Ein Stammbaum. Aus dem Französischen von Elisabeth Edl. Carl Hanser Verlag, München 2007. 121 S., 12,90 €.
ORTHEIL, HANNS-JOSEF: Das Verlangen nach Liebe. Roman. Luchterhand-Verlag, München 2007. 318 S., 19,95 €.
RICHTER, JAN: Claus Berg. Retabelproduktion des ausgehenden Mittelalters im Ostseeraum. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 2008. 407 S., 12 Farb- u. 335 S/W-Abb., 89 €.
ST. AUBYN, EDWARD: Schlechte Neuigkeiten. Roman. Aus dem Englischen von Frank Wegner. DuMont Verlag, Köln 2007. 223 S., 17,90 €.

Presseschau vom 22. Januar 2008

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