FRANKFURT/MAIN (BLK) - Li Pengyi ist sichtlich guter Laune. „Wir haben schon etliche Verlagsrechte verkauft und hunderte eingeführt“, sagt der stellvertretende Präsident des größten chinesischen Verlagshauses China Publishing Group Corporation (CPGC). Die Geschäfte laufen gut am chinesischen Gemeinschaftsstand in Halle 6 auf der Frankfurter Buchmesse. Doch wenn es nicht um Buchverkäufe geht, verdunkelt sich Lis Miene sofort. „Wir fühlen uns nicht als Gast“, sagt er verärgert. „China hat mehr als 2.000 Menschen nach Frankfurt geschickt und bekommt so viele Vorwürfe.“
Dass dem Ehrengast der diesjährigen Buchmesse stets mit Vorurteilen begegnet wird, kränkt die sonst so selbstbewussten Delegierten aus Fernost merklich. „Wir haben diese Reaktion nicht erwartet“, sagt Zhao Haiyun von der staatlichen Verwaltung für Presse und Publikationen (GAPP). China habe ein tolles Konzept geliefert und eine beeindruckende Präsentation vorgestellt. Doch statt sich auf die Literatur zu konzentrieren, beschränke sich die Berichterstattung auf Fragen wie die Menschenrechtssituation. „Die deutschen Medien sind sehr einseitig“, moniert Zhao.
Als oberste Zensurbehörde entscheidet GAPP, was in China veröffentlicht werden darf. Auch über das Programm für die Buchmesse halten Zhaos Kollegen ihre Hand. So sind im offiziellen Teil kritische Schriftsteller wie Dai Qing, Ma Jian oder Zhao Qing nicht vertreten. Doch auch sie sind auf der weltgrößten Bücherschau präsent, vor allem Menschenrechtsorganisationen bieten ihnen Raum für Diskussionen. Zensor Zhao wischt den Einwand beiseite. „Ich habe keine Kenntnis davon, dass die Buchmesse eine Plattform für Gegenveranstaltungen ist“, sagt er. „Die Besucher konzentrieren sich auf ihre eigenen Veranstaltungen und auf das Geschäft.“
Die offizielle Delegation übersieht die Kritiker aus dem eigenen Land geflissentlich. Bei internationaler Kritik hingegen reagieren die Chinesen gereizt. Immer verwehren sich die staatlichen Stellen gegen Einmischung von außen. Um chinesische Angelegenheiten wie Tibet, die Pressefreiheit oder die Menschenrechte im Land haben sich fremde Staaten nicht zu kümmern - so lautet stets der Tenor der Kommentare aus dem Außenministerium. Doch in Deutschland wird geradezu erwartet, dass sich die westlichen Demokraten kritisch zu diesen Themen äußern.
„Es kann - und ich bin mir sicher - es wird keine Tabus in der Diskussion geben“, hatte denn auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Auftakt der weltgrößten Bücherschau am Dienstagabend (13.10.) gesagt. Ein deutlicher Wink mit dem Zaunpfahl an den Ehrengast in Gestalt des chinesischen Vizepräsidenten Xi Jinping. Das kam bei den chinesischen Vertretern nicht gut an. Schon bei der Eröffnungsveranstaltung hatte Xi „Verständnis und Respekt“ für sein Land gefordert.
CPGC-Mann Li Pengyi geht viel weiter. „Wenn Deutschland oder Frau Merkel zu Gast in China wären, würden wir bestimmt nicht so über sie reden“, sagt er. Bei Merkel oder der Rede des mit dem Dalai Lama befreundeten hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) habe er das Gefühl gehabt, dass noch zahlreiche Vorurteile existierten. Das, so hofft Li, kann sich durch Veranstaltungen wie die Buchmesse ja noch ändern. Aktuell ist aber für ihn wichtiger: „Der Handel leidet nicht an diesen Missverständnissen.“