Von Sabine Glaubitz
PARIS (BLK) - Wenn Pierre Brice als roter Apachenhäuptling vor der Kamera stand, dann spielte er nicht Winnetou, er war Winnetou. Brice war die Idealverkörperung des Indianers und der Schauspieler, der Winnetou erst ein Gesicht gegeben hat. Der Franzose, der eigentlich Pierre Louis Baron de Bris heißt, hat fast 40 Jahre lang nichts anderes getan, als die berühmte Indianer-Figur des deutschen Schriftstellers Karl May zu spielen. Und das mit viel Spaß und Erfolg. Denn Brice, der am kommenden Freitag (6. Februar) 80 Jahre alt wird, teilt mit seiner legendären Filmfigur dieselben Werte wie Freiheit, Friede, Menschenwürde und Toleranz.
„Das ist auch die Erklärung, warum ich weiter Winnetou gespielt habe. Weil diese Werte, die Karl May in dieser Fiktion verteidigt hat, auch Werte sind, für die ich mein ganzes Leben lang gestanden habe. Ich habe versucht, mehr als nur mein Schauspielertalent zu zeigen und auch eine Seele in diese Rolle zu legen“, sagte Brice, der sowohl auf der Bühne als auch vor der Kamera für die Sache des „roten Mannes“ eintrat.
Gegen Unrecht kämpft der in der Bretagne geborene Schauspieler auch heute noch: als Unicef-Botschafter für Menschenrechte und Kinder in Kambodscha oder in Bosnien, wo er Medikamente verteilte. „Ich hoffe, dass ich bis zum Ende meines Lebens Menschen helfen kann. Das ist für mich besser als alle Bambis und alle Preise, die ich bekommen habe.“
Brice, der auch heute immer noch sehr attraktiv ist, ging mit der Romanfigur eine Symbiose ein, ohne die er nie in dem Maße zu Ruhm und Erfolg gekommen wäre. Dessen ist sich der Schauspieler auch bewusst: „Ich bin kein Idiot. Alles, was ich jetzt mache, ist, weil ich damals Winnetou gespielt habe. Ich spiele Theater, weil ich Winnetou war. Ich bin Unicef-Botschafter geworden, weil ich Winnetou war. Ich habe Geld für Hilfsaktionen in Bosnien bekommen, weil ich Winnetou war. Winnetou hat mir in Deutschland bei meiner Karriere sehr, sehr geholfen.“
Der „Schatz im Silbersee“ im Jahr 1962 war sein erster Karl May Film. Doch sonderlich gefallen hat ihm das Drehbuch nicht. Er hatte nie Karl May gelesen, denn in Frankreich sei der deutsche Schriftsteller weitgehend unbekannt. Sein Lieblingsbuch sei zudem „Robin Hood“ gewesen.
Als Winnetou war er für das deutsche Publikum so sehr die Idealverkörperung des Mayschen Indianerhäuptlings, dass er im deutschen Fernsehen mit anderen Filmen wie „Traumschiff“, „Ein Schloß am Wörthersee“ und „Die Hütte am See“ nur mäßigen Erfolg erzielte.
Im Kino spielte er 1987 ein letztes Mal an der Seite von Thomas Gottschalk in „Zärtliche Chaoten“ den Winnetou und auf der Bühne im Jahr 1991. Das war bei den Karl May Festspielen in Bad Segeberg, wo er als 70-Jähriger noch Regisseur für die Festspiele wurde.
Heute lebt Brice, der vor seiner Schauspielerkarriere als Model arbeitete, in einem Landhaus bei Paris mit seiner deutschen Frau Hella, die natürlich an der Seite ihres Mannes auch schon als Indianersquaw auf der Freilichtbühne stand.